Signale aus dem All: Mithilfe eines neuen KI-Systems haben Astronomen acht Radiosignale identifiziert, bei denen es sich um Technosignaturen handeln könnte – Signale außerirdischer Intelligenzen. Die Radiosignale kommen von fünf Sternen, die zwischen 30 und 90 Lichtjahre von uns entfernt liegen. Die Merkmale der Signale passen weder zu irdischen noch zu bekannten astronomischen Radioquellen. Allerdings ist es bisher nicht gelungen, weitere Signale aus diesen Quellen einzufangen.
Astrononen lauschen schon seit Jahrzehnten ins All hinaus, um mögliche Technosignaturen einzufangen – Radiosignale einer außerirdischen Zivilisation. Bisher allerdings vergeblich. Zwar detektierte das SETI-Projekt im Jahr 1977 einen starken, nicht durch irdische oder astronomische Radioquellen erklärbaren Strahlenpuls. Dieses „Wow-Signal“ trat aber nie wieder auf und auch sein Ursprung ist weitgehend offen. Andere Kandidaten, wie das 2020 vermeintlich von Proxima Centauri stammende BLC1-Signal, erwiesen sich im Nachhinein als irdischen Ursprungs.
Nadel im Heuhaufen
Das Problem: Radioteleskope fangen eine Unmenge an Signalen auf, die einen dichten Rauschteppich bilden. „Die große Mehrheit der von unseren Teleskopen detektierten Signale kommt von unserer eigenen Technologie – GPS-Satelliten, dem Mobilfunk und ähnlichem“, erklärt Koautor Steve Croft von der University of California in Berkeley. „Die Suche nach Technosignaturen von einer fremden Zivilisation ähnelt daher der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“
Um in diesem Wust von Radiowellen potenzielle Signale extraterrestrischen Ursprungs zu finden, setzen Astronomen in Projekten wie SETI und Breakthrough Listen spezielle Algorithmen ein. Diese filtern aus den von den Teleskopen aufgezeichneten Daten zunächst die Radiosignale bekannter irdischer Störquellen sowie von bekannten astronomischen Radioquellen wie beispielsweise Pulsaren heraus. Dennoch reicht dies oft nicht aus, um potenzielle Technosignaturen vom Hintergrundrauschen zu trennen.
Zweiteiliges KI-System als Suchhelfer
Abhilfe hat nun ein neues KI-System geschaffen. Diese von Erstautor Peter Ma von der University of Toronto entwickelte Technologie kann Radiodaten gründlicher als zuvor durchsuchen und selbst schwächere Technosignaturen aus starkem Grundrauschen herausfischen. Möglich wird dies durch zwei hintereinander geschaltete lernfähige Algorithmen. Das erste KI-System, ein sogenannter Autoencoder, wird anhand von absichtlich in Rohdaten eingefügten Signalen auf die typischen Merkmale von Technosignaturen trainiert.
Als typisch gelten unter anderem eine sehr enge Bandbreite, ein stark lokalisierter Ursprung und eine Driftrate – eine Modulation des Signals, das auf eine sich relativ zu uns bewegende Quelle hindeutet. Nachdem das erste KI-System dies gelernt hat, überträgt es dieses Wissen auf einen zweiten Algorithmus, den sogenannten Random Forest Classifier. Dieser übernimmt dann die eigentliche Filterung und identifiziert potenzielle Alien-Signale in den von ihm begutachteten Rohdaten.
Acht Technosignatur-Kandidaten
Für ihre aktuelle Studie haben Ma und sein Team dieses Verfahren auf die Daten einer Himmelsdurchmusterung des Green-Banks-Radioteleskops in den USA angewendet. „Wir haben insgesamt 150 Terabyte an Daten von 820 nahen Sternen durchsucht“, berichtet Ma. Diese Radiodaten waren zuvor schon von klassischen Algorithmen analysiert worden, die jedoch nichts gefunden hatten.
Doch das war diesmal anders: Das von Ma entwickelte KI-System entdeckte gleich acht Radiosignale, die typische Merkmale von Technosignaturen aufweisen. „Diese acht als interessant eingestuften Signale kommen von fünf verschiedenen Sternen, die zwischen 30 und 90 Lichtjahren von uns entfernt liegen“, berichten die Astronomen. Ein Stern, HIP 62207, ist ein sonnenähnlicher Stern, drei Sterne sind etwas kühler und rötlicher als die Sonne und einer ist ein weißlicher Riesenstern.
Alle acht Signale haben eine geringe Frequenzbreite und zeigen die für einen außerirdischen Ursprung typische Drift, wie das Team berichtet. Die jeweils nur wenige Minuten anhaltenden Radiopulse waren zudem nur dann detektierbar, wenn das Teleskop auf ihren stellaren Ursprung zeigte.
Bisher nicht reproduzierbar
Allerdings: Alle acht Signale traten nur einmal auf und lassen sich daher nicht näher analysieren oder zurückverfolgen. Auch bei einer gezielten Nachbeobachtung der fünf Sterne mit dem Green-Bank-Radioteleskop im Mai 2022 konnten die Astronomen keine vergleichbaren Radiosignale mehr finden. „Wir können daher nicht definitiv sagen, ob diese acht Signale wirklich von außerirdischen Intelligenzen stammen“, betonen Ma und seine Kollegen.
Die Astronomen plädieren aber dafür, die fünf Sterne weiterhin im Auge zu behalten und regelmäßig auf potenzielle Technosignaturen hin zu belauschen. Sie wollen ihr neues KI-System künftig für die Signalfahndung in den Daten weiterer Radioteleskope nutzen. Als nächstes ist ein Einsatz am MeerKAT-Array in Südafrika geplant. „Wir erweitern unsere Suche damit auf rund eine Million Sterne“, sagt Ma. „Dies wird uns bei der Suche nach Antworten auf die Frage helfen, ob wir allein im Universum sind.“ (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-022-01872-z)
Quelle: SETI-Institute, University of Toronto, Breakthrough Initiatives