Verräterische Schwankungen: Astronomen haben eine neue Methode gefunden, um außerirdische Radiosignale von irdischen Störungen zu unterscheiden. Demnach weisen Signale kosmischen Ursprungs charakteristische Modulationen auf, die bei der Passage durch das interstellare Medium entstehen. Ein Alien-Signal müsste daher solche Schwankungen zeigen – zumindest wenn es aus größerer Entfernung kommt. Die Methode erlaubt es erstmals, auch einmalige, kurze Signale einzuordnen.
Ob das SETI-Projekt oder Breakthrough Listen: Schon seit Jahrzehnten lauschen Astronomen mit großen Radioteleskopen ins All hinaus – immer in der Hoffnung, eines Tages das Signal einer außerirdischen Zivilisation einzufangen. Bisher jedoch vergeblich. Das berühmte WOW-Signal im Jahr 1977 war zu kurz und einmalig, das 2015 vom russischen Radioteleskop RATAN-600 detektierte Signal entpuppte sich als irdische Störung und auch das 2020 detektierte BLC1-Signal kam nicht von Proxima Centauri, sondern von der Erde.
Kosmisches Signal oder irdischer Störfunk?
Das Problem: Zwar gibt es einige Kriterien, die eine echte Technosignatur von irdischen Störungen oder kosmischen Radioemittern unterscheiden – aber in der Praxis ist die Abgrenzung nicht immer einfach. So gilt ein schmalbandiges, starkes Signal mit einer Frequenz nahe an der spektralen Emission neutralen Wasserstoffs als vielversprechender Kandidat. Ein weiteres Kriterium ist eine eng begrenzte Quelle am Himmel. Dies wird überprüft, indem man die mehrfach in andere Richtungen schwenkt und kontrolliert, ob das Signal dann verschwindet.
Wenn das eingefangene Radiosignal aber nur kurz und einmalig ist, bleibt nicht genug Zeit für solche Vergleichsmessungen. „Der erste Nachweis eines außerirdischen Signals könnte jedoch durchaus nur einmal auftauchen“, sagt Koautor Andrew Siemion vom SETI Research Center in Berkeley. „Aber wenn sich das Signal nicht wiederholt, können wir bisher wenig Eindeutiges feststellen.“ Hinzu kommt, dass selbst die Schwenkmethode nicht alle Resonanzeffekte irdischer Störsignale ausschließen kann.
Interstellares Medium als Modulator
Doch jetzt gibt es Abhilfe: Astronomen um Siemion und Erstautor Bryan Brzycki von der University of California in Berkeley haben eine neue Methode gefunden, um den außerirdischen Ursprung eines Radiosignals festzustellen. Anstoß dafür gaben astronomische Beobachtungen von Pulsaren, deren starke, oft schmalbandige Radioemission bei der Passage durch das interstellare Medium auf charakteristische Weise moduliert wird. Die geladenen Teilchen des Plasmas, darunter vor allem die Elektronen, lenken die Radiowellen ab und verändern dadurch Pulslänge und Intensität.
„Die meiste Zeit wird dadurch die Signalstärke verringert, aber zwischenzeitlich kommt es durch konstruktive Interferenzen auch zu einer Verstärkung“, erklären die Astronomen. Dadurch zeigt das eingefangene Signal unregelmäßige Schwankungen seiner Amplituden. Auf Basis dieser Effekte und mithilfe von Beobachtungsdaten des Green-Bank-Radioteleskops in den USA hat Brzycki ein Computerprogramm entwickelt, das die Szintillationen eines Radiosignals auf die für das interstellare Medium typischen Effekte hin überprüft.
Wichtiger Fortschritt für SETI
Nach Ansicht der Astronomen eröffnet diese Methode erstmals die Chance, die Herkunft eines Radiosignals direkt auf Basis seiner Merkmale zu überprüfen und irdische Störsignale effektiver herauszufiltern als bisher. Die subtilen Schwankungen verraten eindeutiger als bisherige Methoden, dass ein Signal tatsächlich Gebiete mit interstellarem Plasma durchquert hat. Dies funktioniert zudem auch dann, wenn zusätzliche Teleskopschwenks nicht möglich sind.
„Ich denke, das ist einer der größten Fortschritte für SETI mittels Radioteleskop seit langer Zeit“, sagt Siemion. „Zum ersten Mal haben wie eine Technik, die schon bei einem nur einmaligen Signal funktioniert und es uns erlaubt, es anhand intrinsischer Merkmale von terrestrischen Radiofrequenz-Interferenzen zu unterscheiden.“ Damit hätte man womöglich auch das WOW-Signal überprüfen und verorten können.
Nicht geeignet für Signale aus der Nachbarschaft
Eine Einschränkung gibt es allerdings: Für Signale aus unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft ist die Methode nicht geeignet. Denn die charakteristischen Szintillationen sind erst dann eindeutig detektierbar, wenn das Radiosignal längere Zeit durch das interstellare Medium gereist ist. Eine Radioemission von Proxima Centauri, aus dem TRAPPIST-1-System oder von einem der anderen Exoplaneten in einigen 100 Lichtjahren Umkreis würde diese Modulationen daher nicht zeigen. (The Astrophysical Journal, 2023; doi: 10.3847/1538-4357/acdee0)
Quelle: University of California – Berkeley