Kosmische Zeitreise: Schon 180 Millionen Jahre nach dem Urknall leuchteten im Universum die ersten Sterne, wie Astronomen jetzt nachgewiesen haben. Sie entdeckten in der kosmischen Hintergrundstrahlung ein Signal, das durch dieses erste Sternenlicht entstand. Es stammt von Wasserstoff, der durch die UV-Strahlung der Sterne angeregt wurde – dies ist gleichzeitig der früheste Nachweis von Wasserstoff im Universum, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Als die ersten Sterne entstanden, brach im Universum eine neue Ära an – es wurde Licht. Doch wann dies geschah, ist strittig. So deuten Daten Planck-Satelliten zur kosmischen Hintergrundstrahlung darauf hin, dass die Hauptphase der Sternbildung erst 550 Millionen Jahre nach dem Urknall begann. Wenig später entdeckten Astronomen jedoch eine Galaxie, die schon 400 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte.
Radiosignatur primordialen Wasserstoffs
Mehr Klarheit hat nun ein Radiosignal aus der Frühzeit des Universums geliefert. Denn als das „dunkle Zeitalter“ endete, veränderte die UV-Strahlung der jungen Sterne den Energiezustand der umgebenden Wasserstoffwolken. Diese angeregten Wasserstoffatome hinterließen im Radiospektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung ein eigenes, schwaches Signal. Dieses besteht aus einer leicht erhöhten Absorption bei einer Wellenlänge von 21 Zentimetern.
„Dies ist das allererste Indiz dafür, dass sich die ersten Sterne bildeten und begannen, das Medium um sie herum zu beeinflussen“, erklärt Koautor Alan Rogers vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Doch dieses Wasserstoffsignal zu detektieren ist schwierig. „Quellen von Störgeräuschen können zehntausend Mal stärker sein als dieses Signal – es ist ein wenig so, als säße man mitten in einem Hurrikan und würde versuchen, den Flügelschlag eines Kolibris zu hören“, erklärt Peter Kurczynski von der US-National Science Foundation.
Radioantenne im Outback
Doch genau dies ist den Astronomen nun gelungen. Sie haben das bisher früheste Signal des kosmischen Wasserstoffs eingefangen. Möglich wurde dies mit einer eigens dafür entwickelten Radioantenne, dem EDGES (Experiment to Detect Global EoR Signature). Das nur tischgroße Instrument steht mitten in der Einöde Westaustraliens – weit entfernt von menschengemachten Störsignalen.
Mit dieser Antenne detektierten Judd Bowman von der Arizona State University und sein Team nun die gesuchte Senke in den Radiowellen des kosmischen Hintergrunds. „Das Profil dieses Signals ist konsistent mit den Erwartungen für das 21-Zentimeter-Signal der frühesten Sterne“, berichten die Astronomen. „Die Frequenz entspricht der Zeit von etwa 180 Millionen Jahren nach dem Urknall.“
Frühester Nachweis von Wasserstoff und Sternbildung
Den Astronomen ist es damit erstmals gelungen, in eine entscheidende Ära unseres Kosmos zurückzublicken. „Dies ist der früheste direkte Nachweis eines Signals vom primordialen Wasserstoffgas“, sagt Rogers. Bowman ergänzt: „Es ist unwahrscheinlich, dass wir noch zu unseren Lebzeiten jemals weiter zurück in die Geschichte der ersten Sterne schauen werden.“
Rätselhaft jedoch: Die Senke im Absorptionsprofil ist fast doppelt so tief wie es die theoretischen Modelle vorhersagen. Das passt eigentlich nicht ins Bild. „Diese Ergebnisse erfordern einige Veränderungen in unseren Vorstellungen von der frühen Entwicklung unseres Universums“, kommentiert Colin Lonsdale vom Haystack Observatory des MIT. „Das könnte kosmologische Modelle beeinflussen und dazu führen, dass die Theoretiker noch einmal darüber nachdenken müssen, wie dies zu erklären ist.“
Wenn sich diese Messung bestätigt, dann müsste die kosmische Hintergrundstrahlung damals entweder viel heißer gewesen sein als gedacht oder aber die frühen Wasserstoffwolken waren fast doppelt so kalt wie bisher angenommen – nur rund drei Kelvin.
Ist die Dunkle Materie schuld?
Doch was könnte dieses Gas so stark abgekühlt haben? Eine mögliche Ursache schlägt Rennan Barkana von der Universität Tel Aviv in einem zweiten „Nature“-Artikel vor. Demnach könnte sich der frühe Wasserstoff durch die Wechselwirkung mit Dunkler Materie abgekühlt haben. „Die einzige kosmische Komponente, die kälter sein kann als das frühe kosmische Gas, ist die Dunkle Materie“, so der Forscher.
Um diese Kühlwirkung auf das kosmische Gas zu entfalten, müssten die Teilchen der Dunklen Materie allerdings mit dem Gas interagieren und sie dürften nur wenig leichter sein als einige Protonenmassen. Damit wären die bisher favorisierten WIMPs aus dem Rennen. Andere als Dunkle-Materie-Teilchen diskutierte Partikel wie die Axionen oder sterilen Neutrinos könnten dagegen diese Voraussetzung erfüllen.
„Sollte sich diese Hypothese bestätigen, dann hätten wir etwas Neues und Grundlegendes über die mysteriöse Dunkle Materie erfahren“, sagt Bowman. „Das würde uns einen ersten Blick auf eine Physik jenseits des Standardmodells liefern.“ Der neue Blick zurück in die Frühzeit unseres Kosmos wirft damit weitere, spannende Fragen auf – und demonstriert wieder einmal, dass das Universum einige Überraschungen bereithält. (Nature, 2018; doi: 10.1038/nature25792; doi: 10.1038/nature25791)
(Massachusetts Institute of Technology, National Science Foundation, Arizona State University, 01.03.2018 – NPO)