Doch keine gescheiterten Sterne? Astronomen haben neue Hinweise auf die Natur der Braunen Zwerge entdeckt – der Grenzgänger zwischen Planet und Stern. Denn die resonanten Umlaufbahnen von zwei nahen Braunen Zwergen sprechen dafür, dass sie wie Planeten in der Staubscheibe des Sterns entstanden sind. Sie sind demnach eher schwergewichtige Super-Planeten als gescheiterte Sterne, wie die Astronomen berichten.
Allein in unsere Milchstraße könnte es 100 Milliarden Braune Zwerge geben. Doch die Natur dieser Grenzgänger gibt noch immer Rätsel auf: Mit mehr als 13 Jupitermassen sind sie eigentlich zu groß und warm für Planeten. Andererseits können sie keine Kernfusion in Gang halten und sind damit auch keine echten Sterne. Einige Braune Zwerge stehen sogar genau auf der Grenze zwischen beiden. Verwirrend auch: Manche Braunen Zwerge sind Einzelgänger, andere besitzen einen Partner, eine eigene Staubscheibe und vielleicht sogar Planeten in ihrem Orbit.
Ein Stern mit zwei Braunen Zwergen
Doch wie entstehen Braune Zwerge? Sind sie „gescheiterte Sterne“, die durch den schwerkraftbedingten Kollaps ihrer Entstehungswolke gebildet wurden? Oder entstehen sie wie Planeten in der protoplanetaren Scheibe eines Sterns? Eine Antwort auf diese Fragen liefern nun Astronomen um Andreas Quirrenbach von der Universität Heidelberg. Denn sie haben ein System identifiziert, in dem zwei Braune Zwerge wahrscheinlich auf „planetare“ Weise gebildet wurden.
Für ihre Studie analysierten die Astronomen die Bewegungen des rund 150 Lichtjahre entfernten Sterns ν Ophiuchi. Frühere Beobachtungen hatten bereits Hinweise darauf ergeben, dass dieser Stern von zwei relativ schweren Himmelskörpern umkreist wird. Deshalb untersuchten die Forscher die winzigen Taumelbewegungen des Sterns mithilfe von Teleskopen in den USA und Japan, um Näheres über die Begleiter zu erfahren.
Resonante Umlaufzeiten
Das Ergebnis: ν Ophiuchi wird von zwei Objekten umkreist, die aufgrund ihrer Masse zu den Braunen Zwergen gehören müssen. Denn der eine wiegt rund 22 Jupitermassen, der zweite rund 25 Jupitermassen. Damit jedoch stellte sich die Frage, ob es sich bei diesem System einfach nur um ein ungleiches Dreifachsternsystem handelt, oder ob die beiden Braunen Zwerge eher wie Planeten aus der Urwolke um den Stern entstanden sind.
Eine auffallende Eigenheit des Systems könnte nun die Antwort liefern. Denn wie die Astronomen feststellten, kreisen die beiden Braunen Zwerge in einer resonanten Konfiguration um den Stern. Ihre Umlaufzeiten von 3.185 und 530 Tagen liegen ziemlich genau im Verhältnis von 6:1. „Während solche orbitalen Resonanzen bei Planetensystemen häufig vorkommen, ist eine solche Konfiguration bisher für kein Mehrfachsternsystem bekannt“, erklären Quirrenbach und sein Team.
Wie Planeten gebildet
Nach Ansicht der Astronomen spricht dies dagegen, dass die beiden Braunen Zwerge gescheiterte Sternenbegleiter von ν Ophiuchi sind: „Eine Wolkenfragmentierung in mehrere Protosterne wäre angesichts der 6:1 Resonanz ein sehr unwahrscheinlicher Bildungsprozess“, konstatieren die Forscher. Dagegen spricht auch, dass die beiden Braunen Zwerge beide in einer Ebene um den Stern kreisen – ähnlich wie sonst Planeten.
Die Astronomen halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass die beiden Braunen Zwerge wie Planeten in der protoplanetaren Scheibe von ν Ophiuchi gebildet wurden. „Nur in diesem Fall könnten sich die Umlaufbahnen der neu entstandenen Braunen Zwerge über Millionen von Jahren auf eine stabile Resonanz einstellen“, erklärt Quirrenbach. Weil gerade massereiche Planeten nach ihrer Entstehung noch wandern, driften sie dann oft in resonante Umlaufbahnen.
Super-Planeten statt gescheiterte Sterne
Sollte sich dies bestätigen, dann sind zumindest einige Braune Zwerge keine gescheiterten Sterne, sondern vielmehr Super-Planeten. „Unseres Wissens nach ist dieses resonante System von ‚Super-Planeten“ das erste seiner Art“, sagen die Forscher. „Es repräsentiert ein wichtiges Indiz für ein Szenario, in dem Braune Zwerge innerhalb einer Sternescheibe entstehen.“
Quirrenbach und sein Team hoffen nun auf weitere Funde dieser Art, um klären zu können, wie viele der gescheiterten Sterne in Wirklichkeit massereichere Geschwister von Jupiter und Saturn sind. (Astronomy & Astrophysics, 2019; doi: 10.1051/0004-6361/201834423)
Quelle: Universität Heidelberg