Sonnensystem

Sonnensystem: Planeten auf der Waage

Pulsarsignale helfen Astronomen beim Überprüfen von Massen im Sonnensystem

Die Masse selbst unserer Nachbarplaneten ist noch nicht bis aufs Letzte bestimmt. Es gibt immer noch große Unsicherheiten. © NASA

Gewichtskontrolle für Mars, Mond und Jupiter: Astronomen haben die Masse von Planeten und Asteroiden in unserem Sonnensystem nachgewogen – mit einer relativ neuen Methode. Denn als „Waage“ dienten die regelmäßigen, schnellen Pulse ferner Millisekunden-Pulsare. Die Messungen verringerten die Unsicherheiten bisheriger Werte, deuten aber auch darauf hin, dass man so künftig auch verborgene Massen im Sonnensystem aufspüren könnte – wie die Dunkle Materie oder den hypothetischen Planet 9.

Wie viel die Planeten in unserem Sonnensystem wiegen, ist bereits ziemlich gut bekannt. Denn ihre Masse lässt sich gleich mit mehreren Methoden ermitteln: Grob abschätzen lässt sich die Masse aus der Größe und Dichte eines Himmelskörpers – bei Exoplaneten setzen Astronomen dies häufig ein. In Planetensystemen kann man aber auch aus der Schwerkraftwirkung eines Planeten auf seine Monde und die Bahnen benachbarter Planeten die Masse ableiten. Dieser Effekt ist es auch, aus dem einige Astronomen auf die Existenz eines großen neunten Planeten im Sonnensystem schließen – die Bahnen einiger Objekte im Kuipergürtel scheinen durch diesen abgelenkt.

Große Unsicherheiten

Allerdings erfordert diese Methode, dass man die Bahn und die Positionen der Planeten und andere Himmelskörper sehr genau kennt. Für unser Sonnensystem nutzen Astronomen dafür sogenannte Ephemeriden-Daten. Diese geben die genaue Lage des Schwerkraftzentrums eines Himmelskörpers und seine Bewegung an – ein Parameter, der nicht leicht mit hoher Präzision messbar ist und von der Präsenz vieler Störfaktoren abhängt.

Unter anderem deshalb ist selbst die Masse naher und altbekannter Planeten längst nicht bis aufs Gramm genau bestimmt. Selbst bei der Erdmasse liegt der Unsicherheitsfaktor bei gewaltigen 600 Billiarden Tonnen – das entspricht immerhin rund dem Doppelten den gesamten Wassermassen im Indischen Ozean. Bei kleineren und weiter entfernten Himmelskörpern wie Pluto und anderen Zwergplaneten weichen die verschiedenen Schätzungen sogar noch stärker ab. Planetenforscher suchen daher nach neuen, ergänzenden Methoden, um das „Wiegen“ von Himmelskörpern zu präzisieren.

Ein Millisekundenpulsar sendet schnelle, regelmäßige Strahlenppulse aus - wie das Ticken einer Uhr. © NASA/SVS

Pulsarsignale als „Waage“

Eine vielversprechende Methode haben nun Nicolas Caballero vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie auf den Prüfstand gestellt. Ihre „Waage“ sind die regelmäßigen, extrem schnellen Radiowellenpulse von Millisekundenpulsaren. Diese gehören zu den ganggenauesten „Uhren“ unter den Himmelskörpern im Kosmos. „Mit ausgeklügelten Modellen für ihre Rotation können wir die Ankunftszeit der Pulse auf eine Genauigkeit von nur einigen hundert Nanosekunden über Jahrzehnte hinweg bestimmen“, erklärt Caballero.

Der Clou dabei: Die Gravitationswirkung von Planeten beeinflusst die Ankunftszeiten dieses kosmischen „Tickens“ um eine Winzigkeit – und aus diesen Abweichungen können Forscher die Masse der betreffenden „Störmassen“ errechnen. Caballero und sein Team haben für ihre aktuelle Messung die Signale von fünf Pulsaren mit einem weltweiten Netz von Radioteleskopen eingefangen und daraus die Massen der solaren Planeten und zusätzlich einiger Asteroiden ermittelt.

Planetenmassen eingegrenzt

Das Ergebnis: „Die Massen der Planetensysteme konnten wir um das bis zu 20-Fache gegenüber früheren Messungen mit dieser Methode eingrenzen“, berichten die Forscher. So ermittelten sie für den Jupiter einen 6,7 mal genaueren Wert, für die Venus schrumpfte die Unsicherheit um den Faktor 8,7. Neu hinzu gekommen ist zudem die Massenbestimmung für fünf größere Objekte im Asteroidengürtel, darunter den Zwergplaneten Ceres und die Asteroiden Vesta und Pallas.

Spannend ist die Pulsar-Methode aber auch, weil sich mit ihr die Existenz noch verborgener massereicher Objekte im Sonnensystem eingrenzen lassen könnte. Dadurch könnte Astronomen beispielsweise die Menge der Dunklen Materie im Sonnensystem ermitteln oder aber prüfen, ob es am fernen Außenrand unseres Systems tatsächlich noch einen versteckten neunten Planeten geben könnte. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2018; doi: 10.1093/mnras/sty2632)

(Max-Planck-Institut für Radioastronomie, 26.10.2018 – NPO)

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