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Raumfahrt

Starliner: Rückflug ohne Crew?

Defekte an Boeing-Raumkapsel könnten Astronauten bis 2025 auf der ISS festhalten

Boeing Starliner
Die Starliner-Raumkapsel von Boeing angedockt an der Internationalen Raumstation ISS. Es gibt noch immer keine Freigabe für den Rückflug. © NASA

Im Orbit gestrandet: Die Rückkehr der beiden Test-Astronauten der Boeing-Starliner-Kapsel verzögert sich weiter – möglicherweise müssen sie sogar bis 2025 auf der Internationalen Raumstation ISS bleiben. Denn noch immer gibt es keine Freigabe für einen bemannten Rückflug mit der defekten Starliner-Kapsel. Die NASA schloss in einer Pressekonferenz am Mittwoch, dem 7. August, nicht aus, dass die Kapsel unbemannt zurückgeholt wird. Doch das bringt den Zeitplan auch der ISS-Crews durcheinander.

Eigentlich sollte der Testflug der beiden NASA-Astronauten Sunita Williams and Barry Wilmore nur acht Tage dauern. Ihr Job: Die Starliner-Raumkapsel von Boeing einmal zur ISS fliegen und wieder zurück. Doch daraus wurde nichts: Nachdem beim Hinflug am 6. Juni 2024 Heliumlecks und Triebwerksausfälle auftraten, bleiben die beiden Astronauten aus Sicherheitsgründen zunächst auf der ISS. Seither haben NASA und Boeing unzählige Tests durchgeführt, um die technischen Probleme zu klären.

Triebwerkstest
Test eines Triebwerks der an der ISS angedockten Starliner-Raumkapsel. © NASA

Probleme mit den Teflon-Dichtungen

Doch wie sich nun zeigt, gibt es noch immer keine sichere Option für die Rückkehr der beiden Astronauten. Wie die NASA am Mittwoch, dem 7. August 2024, auf einer Pressekonferenz mitteilte, zeigten sich bei Tests am Boden mit baugleichen Antriebsdüsen Probleme mit einer Überhitzung. Durch die Hitze wölbten sich Teflondichtungen aus und behinderten den Treibstofffluss. Zwar scheinen die Antriebsdüsen der Raumkapsel momentan intakt, es ist aber unklar, ob die Probleme bei längerer Belastung nicht wieder auftreten.

Daher kann bisher nicht garantiert werden, dass es bei der Rückkehr des Starliners nicht erneut zu Ausfällen der Triebwerke kommt – die für einen kontrollierten Wiedereintritt in die Atmosphäre benötigt werden. „Diese Unsicherheit rund um die Antriebsdüsen sorgt für mehr und mehr Unbehagen innerhalb der NASA“, sagte Steve Stich, NASA-Manager für das Commercial Crew Program.

Sechs Monate statt acht Tage?

Und nun? Sollte ein sicherer Rückflug bis Mitte August nicht garantiert werden können, müssen Williams und Wilmore im Extremfall bis Februar 2025 auf der Internationalen Raumstation bleiben – weitere sechs Monate, wie die NASA mitteilte. Denn dann müsste der Starliner unbemannt zur Erde zurückgeholt werden und die beiden Astronauten müssen die nächste Rückflugmöglichkeit mit einer Dragon-Raumkapsel von Space X abwarten. Diese könnte sich aber erst im Rahmen der normalen Crew-Rotation ergeben.

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„Wir haben diesen Plan noch nicht beschlossen“, sagt Stich. Aber man habe bereits Vorbereitung für diesen Fall getroffen. So wurden bereits Raumanzüge für die beiden Astronauten herausgesucht, die sie für ihre Rückkehr mit einer Dragon-Kapsel benötigen würden. Diese müssten dann beim ohnehin anstehenden Besatzungswechsel der ISS mit in den Orbit gebracht werden. Bei diesem würden dann statt der geplanten vier Astronauten nur zwei mitfliegen, um bei der Rückkehr freie Plätze für Williams und Wilmore zu haben. Diese müssten dann in den kommenden sechs Monaten die Aufgaben der beiden am Boden gebliebenen Crewmitglieder übernehmen.

Williams und Wilmore
Der Testflug der beiden NASA-Astronauten Sunita Williams and Barry Wilmore mit dem Boeing Starliner sollte eigentlich nur acht Tage dauern. © NASA

Terminkonflikte mit anderen Raumfahrtmissionen

Doch die Probleme mit der Boeing-Raumkapsel betreffen nicht nur die beiden noch immer auf der ISS gestrandeten Astronauten Williams und Wilmore – auch die reguläre Crew der ISS ist betroffen. Denn eigentlich sollte ihre Ablösung Anfang August mit einer SpaceX Dragon-Kapsel zur Raumstation fliegen. Dieser Crewwechsel wird nun mehr als einen Monat verschoben, auf den 24. September 2024. „Diese Anpassung gibt den Missionsmanagern mehr Zeit, den Rückflug der zurzeit am Raumlabor angedockten Starliner-Raumkapsel zu finalisieren“, so die NASA.

Diese Verschiebung bringt jedoch weitere Probleme mit sich: Der neue Starttermin für Crew-9 muss mit einem ebenfalls für Mitte September geplanten Start einer Soyuz-Kapsel zur ISS koordiniert werden. Und auch am Boden kommt es zu zeitlichen Engpässen: „Teams arbeiten daran, den Start der Crew-9-Mission in Cape Canaveral so vorzubereiten, dass er nicht die Vorbereitungen der Startrampe für die Europa-Clipper-Mission der NASA stört“, erklärt die NASA. Der Europa Clipper ist eine unbemannte Raumsonde, die den Jupitermond Europa und seine subglazialen Ozean erkunden soll.

Auch ein unbemannter Versorgungsflug zur ISS durch eine SpaceX-Raumkapsel muss wegen der Verschiebung der Crew-9-Mission nun auf den Oktober verlegt werden.

Entscheidung bis Mitte August

Wie die NASA betont, ist die endgültige Entscheidung noch nicht gefallen, dies soll spätestens Mitte August geschehen. „Unsere Pläne könnten sich noch drastisch in die eine oder andere Richtung ändern, je nachdem, was neue Daten ergeben“, erklärte Ken Bowersox vom Space-Operations-Direktorat der NASA. Denn zurzeit werden noch immer Tests mit baugleichen Antriebsdüsen am Boden durchgeführt.

„Wenn wir unseren ursprünglichen Plan aufgeben, Butch und Suni mit dem Starliner nach Hause zu bringen, dann bedeutet dies zusätzlich Risiken für den Rest unseres Missionsprofils – und wir müssen all diese Risiken abwägen“, erklärte Bowersox. Allerdings gab er auch zu, dass sich die Wahrscheinlichkeit für eine unbemannte Rückkehr des Starliners aufgrund der Daten aus den letzten ein bis zwei Wochen erhöht habe. „Aber es kommen noch immer neue Daten rein – das Ganze könnte sich noch ändern“, so Bowersox.

Quelle: NASA

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