Mehr Satelliten als Sterne? Astronomen befürchten, dass neu lancierte Satellitenschwärme die Himmelsbeobachtung mit Teleskopen stören könnten. Schon die Ende Mai gestarteten 60 Starlink-Satelliten von SpaceX sorgten weltweit für Aufsehen, weil sie am Himmel mit bloßem Auge sichtbar waren. Werden es wie geplant 12.000 dieser kleinen Kommunikationssatelliten, könnten sie die Sicht auf den Sternenhimmel stark behindern.
Die Starlink-Satelliten von SpaceX sollen ab 2027 eine neue Ära des Breitband-Internets ermöglichen. Denn die knapp 12.000 untereinander vernetzten Kommunikationssatelliten werden dann wie ein Netz die gesamte Erde in 550 Kilometern Höhe überziehen. Eine erste Testgruppe von 60 dieser Satelliten ist am 24. Mai 2019 mit einer Falcon 9-Rakete in den Erdorbit gebracht worden. Wegen ihrer flachen Form konnten diese Satelliten in zwei Stapeln transportiert und auf einmal freigesetzt werden.
Lichtpunkte am Himmel
Für Aufsehen sorgten die Starlink-Satelliten vor allem deshalb, weil sie in den Tagen nach ihrem Start als Band aus hellen Lichtpunkten am Himmel sichtbar waren. Ihre flachen, glänzenden Metalloberfläche reflektierten das Sonnenlicht und dies war wegen ihrer geringen Flughöhe deutlich zu erkennen. Entgegen den von SpaceX-Gründer Elon Musk im Vorfeld geäußerten Versicherungen überstrahlten die Lichtpunkte sogar helle Sterne.
Genau dies sorgt nun auch bei Astronomen für Besorgnis. Denn sie fürchten, dass Satellitenschwärme wie Starlink künftig auch die Erforschung des Sternenhimmels empfindlich behindern könnte. „Ich finde es löblich und eine eindrucksvolle Ingenieursleistung, auf diese Weise die Möglichkeiten des Internetzugangs zu erweitern“, sagt Megan Donahue, Präsidentin der American Astronomical Society (AAS). „Aber ich bin, wie viele Astronomen, besorgt über die Zukunft dieser hellen neuen Satelliten.“
Störsignale im Teleskop
„Die Zahl solcher Satelliten soll in den nächsten Jahren bis auf zehntausende steigen“, so die AAS. „Das weckt die Gefahr potenziell schädlicher Folgen für die erdbasierte und weltraumgestützte Astronomie.“ Nicht nur SpaceX, auch Unternehmen wie Airbus, Telesat, Amazon und Oneweb haben bereits angekündigt, ebenfalls Satellitennetze in den Orbit zu bringen. Die Astronomen befürchten daher, dass bald schon mehr Satelliten als Sterne am Himmel zu sehen sein könnten.
Ein Problem sind die Satellitenschwärme im niedrigen Erdorbit zudem nicht nur für die Himmelsbeobachtung im sichtbaren Licht, sondern auch für die Infrarot- und Radioastronomie, wie die Astronomen erklären. Auch weltraumgestützte Observatorien und Weltraumteleskop wären durch die Satellitenschwärme behindert und potenziell gefährdet. Schon jetzt sind einige Aufnahmen solcher Teleskope unbrauchbar, weil Satelliten im falschen Moment durch das Bild geflogen sind.
„Der Nachthimmel ist eine Ressource nicht nur für Astronomen, sondern für alle, die hinaufschauen um die Pracht des Universums zu genießen und zu verstehen“, sagt Jeffrey Hall vom Lowell Observatory. „Die Degradierung dieses Anblicks hat daher viele negative Auswirkungen auch jenseits der Astronomie.“
Gespräche mit SpaceX und Co
Zwar hat SpaceX seine Satelliten so konstruiert, dass sie nach ihrer Betriebszeit von fünf Jahren in die Atmosphäre steuern und verglühen. Doch die negativen Folgen während ihres Betriebes wurden offenbar bisher nicht berücksichtigt. Die AAS will nun gemeinsam mit SpaceX und anderen Satellitenbetreibern nach möglichen Lösungen suchen. „Nur mit einem profunden und quantitativen Verstehen des Problems können wir die Risiken vollständig abschätzen und nach passenden Gegenmaßnahmen suchen“, so die Astronomen.
Einige der negativen Auswirkungen ließen sich beispielsweise vielleicht vermeiden, wenn die Satelliten eine mattere, weniger stark reflektierende Oberfläche bekämen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir in unseren Gesprächen mit SpaceX kreative Lösungen finden werden, die dann auch als Modell für andere Unternehmen dienen können“, sagt Donahue.
Quelle: American Astronomical Society (AAS)