Heute Abend ist es soweit: Der deutsche Hyperspektralsatellit EnMAP wird um 18:24 Uhr unserer Zeit von Cape Canaveral aus in die Erdumlaufbahn starten. Er soll künftig hochauflösende Daten zum Zustand von Gewässern, Böden und anderen Biosystemen liefern, kann aber auch Mineralien und Schadstoffe aufspüren. Möglich wird dies durch Infrarotoptiken, die die Erdoberfläche in 242 spektralen Kanälen abbilden. Bisher waren Daten in dieser Qualität von Satelliten nicht verfügbar.
Hyperspektralkameras sehen das, was wir nicht sehen: Sie können Übermalungen in Gemälden sichtbar machen oder verborgene Texte in historischen Manuskripten enthüllen. Aber auch unsichtbare Methanaustritte oder Schadstoffe helfen diese Optiken aufzuspüren. Möglich wird dies, weil diese Kameras einen anderen Wellenbereich des Lichts als unsere Augen abdecken und diesen in seine spektralen Kanäle aufschlüsseln. Weil verschiedene Materialien das Licht je nach Spektralbereich verschieden stark reflektieren, werden Unterschiede dabei deutlich.
Hyperspektraler Blick aus dem All
Genau dies soll nun erstmals auch ein deutscher Satellit leisten. Der Hyperspektralsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) verfügt über zwei hochauflösende Spektrometer, mit denen er Strahlung im sichtbaren und infraroten Wellenbereich zwischen 420 und 2.450 Nanometern aufzeichnet und in 242 spektrale Kanäle zerlegt. Bisher wurde eine vergleichbare Sensorik nur vom Flugzeug aus eingesetzt.
Am 1. April 2022 gegen 18:24 Uhr unserer Zeit wird der EnMAP-Satellit in den Orbit starten. An Bord einer Falcon-9-Rakete von SpaceX wird er von Cape Canaveral aus ins Weltall gebracht. In 650 Kilometer Höhe wird der Hyperspektralsatellit seinen Beobachtungsposten in einer sonnensynchronen Umlaufbahn beziehen.
Neuer Blick auf Gewässer, Böden, Vegetation oder Gase
Der EnMAP-Satellit tastet die Erdoberfläche mit einer Auflösung von rund 30 Metern ab und kann dabei jeden Punkt der Erde senkrecht von oben aus anvisieren. Aus diesen Messdaten lassen sich präzise Aussagen über Zustand und Veränderungen der Erdoberfläche ableiten. „Aus den Ergebnissen lassen sich zum Beispiel physikalische, chemische und biologische Parameter von Böden ableiten. Eine Frage könnte sein, wieviel Kohlenstoff die Böden binden. Oder ob aus einer Pipeline Methan entweicht“, erklärt Peter Reinartz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
EnMAP wird neben der Landfläche auch die Küstengebiete und Binnengewässer unter die Lupe nehmen. Der Satellit sieht dabei Details, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Wie unter einem Mikroskop macht sein Hyperspektralinstrument zum Beispiel Schadstoffe in Seen und Küstengewässern sichtbar und lässt sie quantitativ genau bestimmen. „Der Umweltsatellit EnMAP ist absolut faszinierend – im Grunde ist er eine Kombination aus einem Speziallabor und einem Mikroskop, das in 650 Kilometer Höhe um die Erde fliegt“, sagt Marco Fuchs von OHB, der Firma, die den Satelliten konstruiert hat.
Wichtige Daten für Wissenschaft und Klimaschutz
Aus dem Orbit überträgt der Satellit seine Daten an die Empfangsstationen des DLR in Mecklenburg-Vorpommern und im kanadischen Inuvik. Sie werden kalibriert, korrigiert und als Bildkarte dargestellt. „Wir empfangen die Missionsdaten und verarbeiten sie weiter. Anschließend stellen wir sie über ein Webportal Wissenschaftlern weltweit kostenfrei zur Verfügung“, sagt Günter Strunz vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DF).
Die Wissenschafts-Community auf der ganzen Welt blicke mit Spannung auf den Start von EnMAP, sagt Fuchs. Denn orbitale Hyperspektraldaten in dieser Qualität seien bisher nicht verfügbar gewesen. „EnMAP wird uns die Welt so zeigen, wie wir sie bisher noch nicht gesehen haben. Wir alle sind gespannt auf die ersten Daten und Bilder, die unser Satellit senden wird“, so der Vorstandsvorsitzender der OHB. „Für Umweltschutz und den Kampf gegen den Klimawandel sind die Erkenntnisse aus der EnMAP-Mission ein ganz wichtiges Instrument.“
Quelle: OHB Systems, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)