Astronomie

Stellarer Test für Einsteins Theorie

Stern im Zentrum der Milchstraße soll Gravitations-Rotverschiebung testen

In wenigen Wochen kommt der Stern S0-2 dem – unsichtbaren - Schwarzen Loch im Milchstraßenzentrum extrem nahe – er soll dann zeigen, ob Einsteins Relativitätstheorie stimmt. © S. Sakai, A. Ghez/ W.M. Keck Observatory/ UCLA Galactic Center Group

Spannender Test: Ein heller Stern im Herzen der Milchstraße wird demnächst Einsteins Relativitätstheorie auf die Probe stellen. Denn der Stern S2 kommt in diesem Sommer dem massereichen Schwarzen Loch Sagittarius A* besonders nahe. Astronomen werden dann messen, ob dessen enorme Schwerkraft zu der von Einstein vorhergesagten Rotverschiebung des Sternlichts führt. Dass der Stern für diese Messung geeignet ist, haben nun Forscher bestätigt.

Im Zentrum unserer Galaxie liegt ein unsichtbarer Gigant: das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A*. Es konzentriert rund vier Millionen Sonnenmassen auf kleinstem Raum und beeinflusst mit seiner Schwerkraft alle umliegenden Sterne und Gaswolken. Der Stern S2 kommt dem Schwarzen Loch dabei besonders nahe: Er umkreist es in einer elliptischen Bahn, die ihn alle knapp 16 Jahre bis auf 17 Lichtstunden an Sagittarius A* heranbringt – und in diesem Sommer ist es wieder soweit.

Liegt Einstein richtig?

Das Spannende daran: Stern S2 ist bei seiner Annäherung an Sagittarius A* der enormen Gravitationswirkung des Schwarzen Lochs direkt ausgesetzt. Er rast durch ein Gebiet des Alls, in dem die Raumzeit zu einer tiefen Senke verformt ist. „Wir sind gespannt, wie sich der Stern angesichts der gewaltigen Anziehungskraft des Schwarzen Lochs verhalten wird“, sagt Erstautor Devin Chu von der University of California in Los Angeles.

Denn: Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein müsste das Schwarze Loch nicht nur die Richtung, sondern auch die Wellenlänge des Lichts beeinflussen Diese Gravitations-Rotverschiebung kommt zustande, weil das Licht Energie verliert, wenn es sich aus der Senke in der Raumzeit „herausarbeiten“ muss. Liegt Einstein richtig, dann müsste daher das Licht von S2 um einen bestimmten Betrag in den roten Wellenbereich verschoben werden.

S0-2 kommt Sagittarius A* im Sommer 2018 bis auf 17 Lichtstunden nahe - das entspricht dem Vierfachen der Entfernung Sonne - Neptun © ESO

Ob das Fall ist, wollen Astronomen in den nächsten Wochen ermitteln. „Wir haben 16 Jahre auf diese Chance gewartet“, sagt Chu. „Es wird die erste Messung dieser Art sein. Wird S2 Einsteins Theorie folgen oder wird der Stern unsere physikalischen Regeln brechen? Wir werden es bald herausfinden.“

Kein störender Begleiter

Zuvor jedoch haben Chu und seine Kollegen eine wichtige Frage zu ihrem stellaren Testobjekt geklärt: Denn bisher war unklar, ob es sich bei S2 nicht doch um einen Doppelstern handelt – was die Messungen erschwert hätte. „Massereiche Sterne wie S2 haben fast immer einen Begleiter“, erklärt Chus Kollege Tuan Do. Doch durch spektrografische Beobachtungen mit den Teleskopen des Keck-Observatoriums auf Hawaii konnten die Astronomen nun Entwarnung geben.

Demnach ist S2 entweder ein Einzelstern oder aber sein Begleiter ist so massearm, dass er den Einstein-Test nicht stören wird. Den Analysen nach hätte er maximal 1,6 Sonnenmassen – zu wenig um die Messungen signifikant zu behindern. „Unsere Daten geben uns Zuversicht, dass wir die Gravitations-Rotverschiebung am S2-System ohne signifikante Störungen messen können“, sagt Chu.

Umlaufbahn des massereichen Sterns S0-2 um das zentrale Schwarze Loch (Kreis) der Milchstraße. Im HIntergrund ist ein weiterer, deutlich lichtschwächerer Stern zu sehen. (Illustration)© ESO

Bahn frei für den Einstein-Test

Dem Test von Einsteins Gravitations-Verschiebung steht damit nichts mehr im Wege. „Die Schwerkraft ist die am wenigste erforschte Grundkraft der Natur“, sagt Do. „Bisher hat Einsteins Theorie alle Tests mit fliegenden Fahnen bestanden. Wenn nun bei S2 Abweichungen gemessen werden, dann wird dies eine Menge Fragen aufwerfen.“ Der Stern S2 wird damit in den nächsten Wochen und Monaten zu einem wichtigen und spannenden Helfer der Forschung.

Doch S2 ist auch in anderer Hinsicht ein besonders spannender Stern: „Heiße junge Sterne wie S0-2 finden sich normalerweise nicht so nah an einem supermassereichen Schwarzen Loch“, sagt Chu. Denn die starke Schwerkraft in deren Umfeld zerreißt dichte Gaswolken meist lange bevor in ihnen neue Sterne entstehen können. Wie sich S2 trotz dieser widrigen Umstände so nah an Sagittarius A* bilden konnte, ist daher ein Rätsel. (The Astrophysical Journal, 2018; doi: 10.3847/1538-4357/aaa3eb)

(Keck Observatory, 26.02.2018 – NPO)

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