Galaktischer Methusalem: Die dichte Sternenscheibe unserer Milchstraße entstand schon vor rund 13 Milliarden Jahren – vier bis fünf Milliarden Jahre früher als bisher angenommen. Dies belegt der Nachweis eines unerwartet hohen Anteils sehr alter Sterne in dieser sogenannten „dünnen Scheibe“ der Galaxie, wie Astronomen berichten. Ihre Entdeckung wirft neues Licht auf die frühe Entwicklung von Galaxien und könnte auch erklären, warum das James-Webb-Teleskop mehr Scheibengalaxien im frühen Kosmos findet als erwartet.
Die Sonne und rund 85 Prozent der anderen Sterne der Milchstraße liegen in der „dünnen Scheibe“ – der Hauptebene unserer Galaxie. In dieser rund 1.000 bis 1.300 Lichtjahre dicken Sternenscheibe liegen auch die Spiralarme und der Balken. Nach gängiger Theorie bilden Galaxien solche Sternenscheiben jedoch erst mit einiger Verzögerung aus, davor sind sie unregelmäßige, elliptische Ansammlungen aus Sternen und Gas.

Auch bei der Milchstraße schien dies so: Ihre ältesten, gut 13 Milliarden Jahre alten Sterne und Sternenansammlungen wurden im Zentrum der Galaxie und außerhalb der dünnen Scheibe gefunden. Die Sternenscheibe dagegen datierte man auf ein Alter von erst acht bis zehn Milliarden Jahren. „Doch jüngste Studien haben eine nicht vernachlässigbare Zahl sehr metallarmer [alter] Sterne in dynamisch kalten Scheibenorbits enthüllt“, berichten Samir Nepal vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam und seine Kollegen.
Uralte Sterne auf „Scheibenbahnen“
Seither ist strittig, wann die dünne Scheibe der Milchstraße wirklich entstanden ist – Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse. Nepal und sein Team haben deshalb nun die bisher umfangreichste chrono-chemo-kinematische Karte von Sternen in der dünnen Scheibe der Milchstraße erstellt. Dafür werteten sie die Bewegung, Zusammensetzung und Entfernungen von mehr als 560.000 Sternen aus, die im Katalog des Gaia-Weltraumteleskops enthalten sind. Für rund 20.000 dieser Sterne konnte sie Alter und Dynamik besonders präzise ermitteln.