Rätsel gelöst? Nach 34 Jahren der Fahndung könnten Astronomen nun geklärt haben, was von der spektakulären Supernova im Jahr 1987 übrigblieb. Denn gleich mehrere Teleskope, darunter das Röntgenteleskop Chandra, haben im Supernova-Überrest energiereiche Röntgenstrahlung nachgewiesen. Deren Muster spricht dafür, dass sich im von Staub verhüllten Zentrum dieses Supernova-Relikts ein schnell rotierender Neutronenstern verbirgt – ein junger Pulsar.
Am 24. Februar 1987 explodierte in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke, ein massereicher Stern. Diese nur 168.000 Lichtjahre entfernte Supernova war so hell, dass sie am Himmel sogar mit bloßem Auge zu sehen war. Für Astronomen war dieses Ereignis die einmalige Gelegenheit, eine solche Sternexplosion und ihre Nachwehen von Beginn an mitzuverfolgen.
Wo ist der Sternenrest geblieben?
Doch eine entscheidende Frage blieb offen: Was ist bei der Explosion mit dem Sternenkern passiert? Theoretisch kann bei einer solchen Supernova je nach Masse des Ausgangsstern ein stellares Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern entstehen. Im Fall von Supernova 1987A erwarten die Astronomen allerdings eher einen Neutronenstern. Doch weil das Zentrum des Supernova-Relikts von Gas und Staub verhüllt sind, fehlte vom Sternenrest jede Spur.
„Seit 34 Jahren fahnden Astronomen in den stellaren Trümmern nach dem Neutronenstern, den wir dort erwarten“, erklärt Erstautor Emanuele Greco von der Universität Palermo. 2020 jedoch lieferten Daten des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) endlich erste tragfähigere Anhaltspunkte: Sie zeigten einen mehrere Millionen Grad heißen Fleck im Zentrum der Sternentrümmer, dessen Merkmale zu einem jungen, heißen Neutronenstern passen würden.
Verräterische Röntgenstrahlung
Jetzt erhärten neue Beobachtungen im Röntgenbereich diese Vermutung. Die beiden NASA-Röntgenteleskope Chandra und NuSTAR (Nuclear Spectroscopic Telescope Array) haben im Zentrum von Supernova-Relikt 1987A jetzt auch intensive Röntgenstrahlung nachgewiesen. Greco und sein Team haben diese Daten über ein astrophysikalisches Modell mit zwei möglichen Quellen solcher Strahlung abgeglichen, Denn sie könnte von einem Neutronenstern ausgehen, aber auch von der mit Gas und Sternentrümmern kollidierenden Schockelle der Explosion.
Das Ergebnis: Die Röntgenstrahlung im Supernova-Relikt setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, einem energieärmeren Anteil „weicher“ Röntgenstrahlung und einem energiereicheren harten Anteil. „Wir haben festgestellt, dass die weiche Röntgenstrahlung von 0,5 bis 8 Kiloelektronenvolt aus thermischer Strahlung der geschockten zirkumstellaren Materie stammt“, berichten Greco und sein Team. Sie ist daher kein Indiz für einen Neutronenstern.
Indiz für einen jungen Pulsar
Anders ist dies mit der energiereiche Röntgenstrahlung im Supernova-Relikt: „Wir haben in allen NuSTAR-Spektren starke Röntgenanteile von mehr als zehn Kiloelektronenvolt Energie gefunden“, so die Forscher. „Das zeigt klar, dass es eine weitere Komponente geben muss.“ Und in ihren Merkmalen passt diese Komponente zu der Strahlung, die man von einem jungen, schnell rotierenden Neutronenstern erwarten würde, wie die Astronomen erklären.
Greco und sein Team halten es daher für sehr wahrscheinlich, dass sich hinter dem Staub von Supernova-Relikt 1987A ein junger Pulsar verbirgt. Die von ihm ausgehenden starken Teilchen- und Strahlenströme könnten auch den heißen Fleck erklären, den ALMA im Zentrum der Wolke aufgespürt hatte. „Es hat schon viele Hinweise gegeben, die sich später als Sackgassen herausstellten“, sagt Greco. „Aber wir glauben, dass das bei unseren jüngsten Ergebnissen anders sein wird.“
Mehr Klarheit schon in den nächsten zehn Jahren
Ob bei der Sternexplosion tatsächlich ein Pulsar entstand, könnte sich schon in den nächsten rund zehn Jahren klären. Denn die Astronomen erwarten, dass sich die zentrale Staubwolke des Supernova-Relikts bis dahin langsam verteilen und auflösen wird. „Das könnte uns die im Leben einmalige Gelegenheit bieten, die Entwicklung eines Baby-Pulsars zu erforschen“, sagt Koautor Salvatore Orlando vom Astronomischen Observatorium. (The Astrophysical Journal, 2021)
Quelle: Chandra X-Ray Observatory, Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics