Das Schwarze Loch im Herzen unserer Milchstraße besitzt doch einen Jet – es strahlt einen Strom energiereicher Teilchen ab. Diesen lange gesuchten Teilchenstrom haben Astronomen jetzt erstmals mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra nachgewiesen. Sagittarius A* erzeugt demnach einen Jet, der senkrecht zur Drehachse der Milchstraße steht. Er könnte damit möglicherweise der Ursprung der beiden großen Teilchen- und Strahlenblasen sein, die sich beiderseits der galaktischen Ebene erstrecken, wie die Forscher im Fachmagazin „The Astrophysical Journal“ berichten.
Wenn ein Schwarzes Loch Materie verschlingt, tut es dies meist nicht unbemerkt: Oft erzeugt es dabei zwei Fontänen energiereicher Teilchen und Strahlung, die wie die Strahlenbündel eines Leuchtturms ins All hinaus reichen. Diese Jets sind beispielsweise typisch für Schwarze Löcher in aktiven Galaxien. Bei ihnen können sie weithin sichtbar und vor allem im kurzwelligen Gama- und Röntgenbereich nachweisbar sein. Auch im Herzen der Milchstraße sitzt ein Schwarzes Loch, Sagittarius A* genannt. Diese Singularität aber ist zumindest in den letzten Jahrhunderten eher ruhig und verschlingt nur wenig Materie. Das machte es bisher schwer, einen Jet bei ihm zu entdecken.
Richtung verrät Milchstraßen-Geschichte
„Seit Jahrzehnten suchen Astronomen nach einem Jet, der von dem Schwarzen Loch der Milchstraße ausgeht“, erklärt Erstautor Zhiyuan Li von der Nanjing Universität in China. Denn ein solcher Jet könnte den Forschern unter anderem verraten, wie die Rotationsachse des Schwarzen Lochs ausgerichtet ist. „Das gibt uns wichtige Hinweise auf die Wachstumsgeschichte des Schwarzen Lochs“, erklärt Koautor Mark Morris von der University of California in Los Angeles.
Bei den meisten Singularitäten im Herzen aktiver Galaxien stehen die beiden Jets genau senkrecht zur Rotation von Galaxie und Schwarzem Loch. Ist dies bei der Milchstraße auch der Fall, zeigt dies, dass ihr Schwarzes Loch sich allmählich entwickelt hat und durch den Verzehr von Materie zu seiner heutigen Masse heranwuchs. Würde aber der Jet in eine andre Richtung zeigen, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass Sagittarius A* einst aus der Kollision zweier Galaxien und ihrer Schwarzer Löcher hervorging.
Schwach, aber vorhanden
Jetzt endlich lässt sich diese Frage zur Milchstraßengeschichte beantworten. Denn mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra und der Radioteleskope des Very Large Array in den USA haben die Astronomen den lange gesuchten Jet nun aufgespürt. Wie die Aufnahmen zeigen, ist der Teilchenstrom zwar eher schwach, aber deutlich zu erkennen: Er tritt ziemlich genau in der Rotationsachse der Milchstraße aus Sagittarius A* aus und bildet dann einen geraden Strom von Röntgenstrahlen emittierenden Teilchen. Dann scheint der Jet mit einer Gaswolke zu kollidieren. Davon zeugt eine mittels Radiowellen nachweisbare Schockfront.
Die Ausrichtung des Jets deutet nach Angaben der Astronomen darauf hin, dass die Milchstraße langsam heranwuchs und nicht aus der Kollision zweier größerer Galaxien hervorging. Die Energiesignatur des Jets stimme zudem sehr gut mit denen anderer Galaxienherzen überein. Vermutlich war der Teilchenstrom in der Frühzeit der Milchstraße sehr viel stärker, als das Schwarze Loch noch mehr Materie verschlang. Damals könnten die Jets der Milchstraße auch die beiden gewaltigen, nur mit Gammastrahlen-Teleskopen nachweisbaren Blasen aus energiereichen Teilchen produziert haben, die noch heute die galaktische Ebene oben und unten überragen.
(NASA / Chandra, 26.11.2013 – NPO)