Exotische Welt: Forscher haben auf dem Saturnmond Titan eine überraschende Variante des irdischen Karsts entdeckt. Indizien dafür sind mehr als 100 Meter tiefe Seen, die wie eingestanzt in hohen Tafelbergen liegen. Sie wurden wahrscheinlich durch Methanregen geschaffen, der den Untergrund aus gefrorenem Benzol und Acetylen aufgelöst und ausgehöhlt hat. Ebenfalls verblüffend: Drei große Titanseen sind in wenigen Jahren komplett verschwunden.
Der Saturnmond Titan ist vielen Aspekten überraschend erdähnlich: Seine Oberfläche zeigt Vulkane, Inseln, Canyons und Seen und in seiner Atmosphäre toben Stürme und ziehen Wolken. Doch statt Wasserdampf und Wasser zirkulieren auf dem eiskalten Saturnmond Kohlenwasserstoffe wie Ethan und Methan – mal als Flüssigkeit und mal als Eis oder Gas. Die Prozesse, die diesen exotischen Kreislauf prägen, und auch viele Eigenheiten der titanischen Gewässer sind jedoch erst in Teilen geklärt.

Rätsel um „gestanzte“ Seen
„Jedes Mal, wenn wir auf dem Titan eine Entdeckung machen, wird der Saturnmond nur noch geheimnisvoller“, sagt Erstautor Marco Mastrogiuseppe vom California Institute of Technology in Pasadena. Dies gilt unter anderem für die merkwürdige Verteilung der Seen auf der Nordhalbkugel des Saturnmondes – denn in Bezug auf Form und Größe dieser Gewässer erscheint der Mond fast zweigeteilt:
In der Osthälfte liegen einige ausgedehnte Seeflächen, fast schon Meere, mit flachen Ufern und mehreren Inseln. Vom Nordpol aus westlich gibt es dagegen hunderte kleinere Seen. Bereits 2018 enthüllten Radardaten, dass diese Seen auffallend steile Ufer besitzen und wie ausgestanzt in der Landschaft liegen. Um mehr über die Topografie der verschiedenen Seentypen zu erfahren, haben Mastrogiuseppe und sein Team Radardaten ausgewertet, die die NASA-Raumsonde Cassini bei ihrem letzten Vorbeiflug am Saturnmond im April 2017 erstellt hatte.