Weitaus mehr Supernova-Explosionen als angenommen sind die Folge eines fatalen „Todestanzes“ zweier Sterne. Zudem enthält das Universum auch noch eineinhalb Mal mehr Calcium als aufgrund von Modellen geschätzt. Zu diesem Schluss kamen Astronomen nach der Auswertung der neuesten Daten des ESA-Röntgenteleskops XMM Newton. Diese Erkenntnis liefert neue Einblicke in die Entstehung der Elemente und die Rolle der Supernovae.
Das Eisen in unserem Blut, der Sauerstoff, den wir atmen, das Calcium in unseren Knochen – alle Atome, aus denen wir bestehen sind das Produkt des Weltraums. Denn sie entstanden einst im Todeskampf eines sterbenden Sterns, in einer Supernova. Die gewaltigen Sternenexplosionen schleudern chemische Elemente hinaus ins das All, wo sie wiederum der Baustein von Sternen, Planeten und auch allem Lebendigen werden. Wie allerdings die Elemente dabei genau gebildet und verteilt werden, ist bislang nur in Teilen verstanden.
Mehr Calcium als theoretisch vorhergesagt
Einige der Antworten könnten die entfernten Galaxiencluster liefern, die jetzt auch im Focus des Röntgenteleskops XMM-Newton stehen. „Cluster sind in vielerlei Hinsicht die Großstädte des Universums“, erklärt Jelle de Plaa, Astronom am Niederländischen Institut für Weltraumforschung SRON. „Sie bestehen aus hunderten von Galaxien, jede von ihnen enthält tausend Millionen von Sternen. Die Galaxien sind eingebettet in gigantische Wolken aus heißem Gas, das den Cluster wie Smog ausfüllt. Wegen ihrer enormen Größe enthalten diese Cluster einen Großteil der Materie im Universum. Im Laufe der letzten Millionen von Jahren haben Supernova-Explosionen immer wieder das heiße Gas mit schwereren Elementen angereichert wie Sauerstoff, Silizium und Eisen.“
Mithilfe des Röntgenteleskops der ESA analysierten de Plaa und seine Kollegen die Häufigkeiten der Elemente Sauerstoff, Silizium, Neon, Schwefel, Argon, Calcium, Eisen und Nickel in 22 Clustern von Galaxien. Als er die gemessenen Werte in den Clustern mit den theoretischen Vorhersagen verglich, zeigte sich, dass Calcium rund eineinhalb mal so häufig auftrat, wie aufgrund der Modelle prognostiziert.
Zwei Sterne im Todestanz
Gleichzeitig stellten die Wissenschaftler fest, dass viele Supernova offenbar das Resultat eines Todestanzes von zwei umeinander kreisenden Sternen sind. Dabei zieht meist ein weißer Zwerg Materie von seinem Begleiter ab und umgibt sich mit dieser als Hüllschicht. Hat der weiße Zwerg dadurch eine gewisse Masse erreicht, kann sein Kern das Gewicht dieser Materie nicht länger stabilisieren, er explodiert als Supernova.
“Ungefähr die Hälfte aller jemals aufgetretenen Supernovae in Galaxienclustern scheinen auf diese Weise explodiert zu sein”, so de Plaa. „Das ist mehr als in unserer eigenen Galaxie vertreten sind. Hier liegt der Anteil dieses Typs bei rund 15 Prozent.“ Für die Astronomen, die die gewaltigen Sternenexplosionen erforschen und modellieren liefern die neuen Beobachtungen wertvolle Daten. „Bisher mussten die Supernova-Experten eher raten, wie eine Supernova genau explodiert“, erklärt de Plaa. „Weil wir jetzt die Überreste von hunderttausend Millionen Supernovae auf einmal messen, können wir genauere Durchschnittswerte ermitteln als zuvor. Das hilft uns auch zu verstehen, wie weiße Zwerge sterben.“
(ESA, 08.02.2007 – NPO)