Astronomie

Unser zweitnächster Nachbar hat Planeten

Astronomen entdecken einen Gesteinsplaneten und drei Planetenkandidaten um Barnards Stern

Barnards Stern und Planet
Barnards Stern liegt nur rund sechs Lichtjahre von uns entfernt. Er könnte mindestens einen Gesteinsplaneten besitzen, wie Astronomen entdeckt haben. © ESO/M. Kornmesser

Planetare Nachbarn: Astronomen haben einen Exoplaneten um den sonnennächsten Einzelstern entdeckt – den nur sechs Lichtjahre entfernten Barnards Stern. Dieser Rote Zwerg wird demnach von einem kleinen Gesteinsplaneten mit rund einem Drittel der Erdmasse umkreist. Zudem gibt es Hinweise auf drei weitere Planeten um diesen Roten Zwerg. Widerlegt hat das Team hingegen eine 2018 postulierte Supererde in weitem Orbit um diesen Stern – ihr Signal wurde von der Sternaktivität nur vorgetäuscht.

Im nahen Umkreis unseres Sonnensystems gibt es besonders viele Rote Zwergsterne – und um viele davon haben Astronomen bereits Exoplaneten entdeckt. So hat unser nächster stellarer Nachbar, der vier Lichtjahre entfernte Proxima Centauri, gleich drei Planeten. Sie sind unsere nächsten exoplanetaren Nachbarn. Auch der nur rund zwölf Lichtjahre entfernte Teergardens Stern wird von zwei etwa erdgroßen Trabanten umkreist. Gleich sieben erdähnliche Gesteinsplaneten finden sich zudem um den rund 40 Lichtjahre entfernten Stern TRAPPIST-1.

Sonnennahe Sterne
Das sind unsere Nachbarsterne. Barnards Stern ist das zweitnächste Sternensystem und der uns am nächsten gelegene Einzelstern.© EEC/Science-Wave, Guillem Ramisa

Planetensuche um Barnards Stern

Doch eine Lücke gab es bisher: Barnards Stern. Dieser Rote Zwerg liegt nur rund sechs Lichtjahre von uns entfernt und ist damit der sonnennächste Einzelstern – nur das Dreifachsystem Proxima-/Alpha-Centauri liegt näher. Im Jahr 2018 entdeckten Astronomen bei Barnards Stern eine periodisch wiederkehrende Verschiebung im Lichtspektrum, die sie als Signal einer Supererde mit einer Umlaufperiode von rund 233 Tagen interpretierten. Allerdings konnten weitere Beobachtungen diesen Fund nicht eindeutig bestätigen.

Deshalb hat nun ein Team um Jonay González Hernández vom Astrophysikalischen Institut der Kanaren Barnards Stern noch einmal genauer ins Visier genommen. Dafür beobachteten sie den nahen Roten Zwerg zwischen ai 2019 und Juli 2023 mit dem hochauflösenden ESPRESSO-Spektrografen am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte und zwei weiteren Spektrografen. Mit diesen suchten sie im Lichtspektrum des Sterns nach den charakteristischen Verschiebungen, die den Schwerkrafteinfluss eines Planeten anzeigen.

Ein kleiner Gesteinsplanet – und drei weitere Kandidaten

Tatsächlich wurden die Astronomen fündig: Sie identifizierten gleich vier verschiedene Planetenkandidaten, die Barnards Stern in engen Umlaufbahnen umkreisen. Das mit Abstand eindeutigste Signal zeigte eine Wiederkehrperiode von 3,15 Tagen und war in allen drei Spektrografen zu erkennen. „Wir stufen dieses Signal unzweifelhaft als das eines Planeten ein“, schreiben González Hernández und sein Team.

Der Barnard b getaufte Exoplanet ist wahrscheinlich ein Gesteinsplanet und rund ein Drittel so schwer wie die Erde, wie die Astronomen ermittelten. „Barnard b ist damit einer der masseärmsten bekannten Exoplaneten und einer der wenigen, deren Masse geringer ist als die der Erde“, sagt González Hernández. Der kleine Gesteinsplanet umkreist seinen Roten Zwerg im Abstand von nur 0,019 astronomischen Einheiten – das entspricht einem 20stel des Abstands von Merkur zur Sonne.

Allerdings ist der kleine Gesteinsplanet wahrscheinlich nicht lebensfreundlich: Er kreist etwas zu weit innen, um in der habitablen Zone von Barnards Stern zu liegen. Die Astronomen schätzen, dass die mittlere Oberflächentemperatur auf Barnard b etwa bei 125 Grad Celsius liegt – Wasser würde demnach verdampfen.

Barnards Stern hat einen Planeten – mindestens.© European Southern Observatory (ESO)

Keine Spur der Supererde

Ebenfalls relativ eindeutig fiel die Suche nach der 2018 postulierten Supererde um Barnards Stern aus: Trotz intensiver Überprüfung konnten González Hernández und seine Kollegen kein Signal dieses Planeten finden. „Die Qualität der ESPRESSO-Radialgeschwindigkeitsdaten müssten es uns erlaubt haben, das starke Signal eines solchen Planeten klar zu detektieren“, erklären die Astronomen. Doch das war nicht der Fall. Die zuvor detektierten spektralen Verschiebungen gehen stattdessen auf wiederkehrende Ausbrüche des Sterns zurück, wie das Team ermittelte.

Statt der großen, kalten Supererde könnte der sonnennächste Einzelstern im All demnach mindestens einen kleinen, warmen Planeten und vielleicht sogar noch drei weitere Gesteinsplaneten besitzen. Diese könnten den Roten Zwerg mit Umlaufzeiten von 2,34 Tagen, 4,12 Tagen und 6,74 Tagen umkreisen. Allerdings können die Astronomen die weiteren Planetenkandidaten um Barnards Stern bisher nicht eindeutig bestätigen – es fehlt noch der endgültige Nachweis.

„Um die Präsenz eines solchen kompakten Vier-Planeten-Systems um Barnards Stern zu bestätigen, bräuchten wir viele weitere ESPESSO-Beobachtungen“, erklären González Hernández und seine Kollegen.

Zahl der planetaren Nachbarn wächst

Die Astronomen hoffen aber, dass künftige Großteleskope, wie zum Beispiel das im Bau befindliche Extremely Large Telescope (ELT) in Chile, das Aufspüren dieser Planeten erleichtern werden. Sollten sich die Funde bestätigen, dann gäbe es allein im Umkreis von sechs Lichtjahren um die Sonne gleich sieben kleine Gesteinsplaneten – drei um Proxima Centauri und vier um Barnards Stern.
(Astronomy and Astrophysics, 2024; doi: 10.1051/0004-6361/202451311)

Quelle: Astronomy and Astrophysics, European Southern Observatory (ESO)

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