Er verzehrt quasi sein eigenes kosmisches Kind: Der Stern WASP-12 saugt Materie von einem Gasplaneten ab, der ihn eng umkreist. Dass der gelbe Zwergstern tatsächlich ein „Gasvampir“ ist, haben Astronomen jetzt durch neue Beobachtungen bestätigt. Das Lichtspektrum des Sterns zeigt demnach, dass eine Gasscheibe um den Stern tatsächlich von den Planeten stammt. Dieser wird diesen Diebstahl wohl nur noch rund zehn Millionen Jahre überleben. Eine Ausnahme ist WASP-12 damit allerdings nicht, wie die Forscher im „Astrophysical Journal“ berichten.
WASP-12 ist ein gelber Zwergstern, der rund 800 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Auriga liegt. 2008 entdeckten Astronomen an leichten Lichtschwankungen des Sterns, dass er von einem Planeten umkreist wird. Dieser hat die 1,5fache Größe des Jupiter und ist ebenso wie dieser ein Gasriese. Er bewegt sich auf seiner Bahn sehr nahe an seinem Zentralgestirn – nur 4,5 Millionen Kilometer trennen die beiden. Zum Vergleich: Der Abstand von unserer Erde zu unserer Sonne beträgt dagegen fast 150 Millionen Kilometer. Der extrem kleine Abstand zu seinem Stern hat für den Planeten dramatische Folgen: Er wird starken Gezeitenkräften ausgesetzt, die ihn elliptisch verformen.
Eiförmig verzogen und mit Ballon-Atmosphäre
Schon im Jahr 2010 hatten Beobachtungen mit den Weltraumteleskop Hubble gezeigt, dass die Atmosphäre des Gasplaneten dadurch wie ein Ballon nach außen gezogen wird. Damals blieb aber unklar, ob der Stern dieses nach außen gezogene Gas aufnimmt und damit seinen Planeten nach und nach aufzehrt.
Ein Forscherteam unter Leitung von Luca Fossati vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn hat nun das Lichtspektrum von WASP-12 und dreier Vergleichssterne genauer untersucht, um zu klären, ob die beobachteten spektralen Eigenheiten auf diesen Vampirismus des Sterns zurückgehen, oder ob vielleicht doch interstellares Gas im Vordergrund oder anderen Anomalien die Beobachtungen verfälscht haben.
Abgesogenes Gas verteilt sich als Scheibe um den Stern
Die Prüfung ergab, dass es sich bei WASP-12 tatsächlich um einen Vampirstern handelt: Er saugt die Gashülle des Planeten so stark an, dass sie sich in der Umlaufbahn des Planeten verteilt und eine Art zirkumstellare Gasscheibe bildet. Allmählich nimmt der Stern dabei auch Materie aus dieser Scheibe auf. Für den Planeten bedeutet das nichts Gutes: Ihm bleiben vermutlich nur noch rund zehn Millionen Jahre, bis er komplett aufgezehrt ist.
Nach Ansicht der Astronomen ist ein solches Planetendrama keine Ausnahme, sondern könnte im Weltall häufiger vorkommen. Theoretische Überlegungen der Wissenschaftler deuten darauf hin, dass es im Weltall noch etliche Systeme geben muss, in denen ein nah an seinem Stern kreisender Gasplanet allmählich aufgezehrt wird. Da der Nachweis des dabei abgesogenen Gases jedoch schwierig ist, hoffen die Forscher, dass neue, bessere Teleskope wie das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA und das europäische Riesenteleskop E-ELT dabei helfen werden, weitere Beispiele zu finden. (Astrophysical Journal Letters, 2013; DOI: 10.1088/2041-8205/766/2/L20)
(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 02.04.2013 – NPO)