Astronomie

„Verlorene“ Sterne verraten Dunkle Materie

Astronomen entdecken neue Methode zur Kartierung der Dunklen Materie

Intracluster-Licht
Galaxiencluster Abell S1063: Das Licht der aus den Galaxien ausgeschleuderten Sterne – hier bläulich – verrät, wo sich Dunkle Materire verbirgt. © NASA/ ESA, M. Montes/ University of New South Wales

Verräterisches Leuchten: Das schwache Licht von aus Galaxien herausgeschleuderten Sternen liefert ganz neue Einblicke in die Dunkle Materie. Denn die Position dieser Sterne in Galaxienclustern verrät genauer als alle anderen Methoden, wie die Dunkle Materie in diesen Clustern verteilt ist, wie eine Studie nun enthüllt. Das könnte helfen zu klären, ob Dunkle Materie nun mit sich selbst interagiert oder nicht.

Dunkle Materie macht vier Fünftel aller Materie im Kosmos aus – dennoch wissen wir so gut wie nichts über sie. Zwar scheint klar, dass sie die Bewegung von Galaxien prägt, im gesamten Universum verteilt ist und als „Dunkler“ Strom mitten durch unsere Lokale Gruppe und sogar durch unser Sonnensystem fließt. Doch aus welchen Teilchen sie besteht, ob diese geladen sind oder nicht und ob die Dunkle Materie mit sich selbst wechselwirkt oder nicht, ist bis heute ungeklärt.

Unsichtbares sichtbar machen

Das Problem: Weil die Dunkle Materie unsichtbar ist und nur über die Schwerkraft mit anderer Materie interagiert, ist ihr Verhalten schwer zu beobachten und zu erforschen. Bisher versuchen Astronomen, ihrer Präsenz indirekt auf die Spur zu kommen, unter anderem über Röntgenstrahlung oder die Bewegung kollidierender Galaxien.

Jetzt jedoch haben Mireia Montes von der Yale University und Ignacio Trujillo vom Astrophysikalischen Institut der Kanaren eine Methode entdeckt, mit der sich die Verteilung der Dunklen Materie viel genauer und leichter als bisher ermitteln lässt. „Wir haben einen Weg gefunden, Dunkle Materie zu ’sehen'“, sagt Montes. Der große Vorteil: Benötigt werden dafür keine Spezial-Spektrografen oder besondere Röntgenobservatorien. Es reichen hochaufgelöste Aufnahmen optischer Teleskope wie beispielsweise vom Hubble-Weltraumteleskop.

Licht „heimatloser“ Sterne als Kartierungshelfer

Das Geheimnis der neuen Methode liegt im sogenannten Intracluster-Licht. Dieses schwache Glimmen entsteht, weil durch Schwerkraft-Wechselwirkungen von nahen Galaxien in einem Cluster immer wieder Sterne aus ihren Heimatgalaxien herausgeschleudert werden. Diese heimatlosen Sterne bewegen sich frei zwischen den Galaxien umher und sind auf ihren Bahnen dem intergalaktischen Gravitationseinflüssen im Cluster ausgesetzt.

Und genau das ist der Clou: „Die Dunkle Materie und diese freischwebenden Sterne folgen exakt den gleichen Schwerkrafteinflüssen“, erklärt Montes. Beide werden von den Gravitationsgradienten im Galaxienhaufen auf bestimmte Bahnen gezogen und an bestimmten Stellen konzentriert. „Das Intracluster-Licht zeigt uns dadurch genau, wie die Dunkle Materie verteilt ist“, so die Astronomin.

„Große Bedeutung für die Astronomie“

Wie präzise diese Kartierung mittels Intracluster-Licht ist, haben die Forscher an sechs Galaxienclustern getestet. Dort verglichen sie ihre aus dem Sternenlicht abgeleitete Kartierung der Dunklen Materie mit der schon zuvor mittels Röntgenbeobachtungen und Massenmodellen ermittelten Verteilung. Das Ergebnis: Das Intracluster-Licht bildete die Massenverteilung und damit auch die Verteilung der Dunklen Materie in diesen Clustern sogar genauer ab als die früheren Kartierungen.

„Ich hatte nicht erwartet, dass unsere Ergebnisse so präzise sind“, sagt Trujillo. „Das hat große Bedeutung für künftige Forschung. „Das Intracluster-Licht ist ein mächtiges Werkzeug, um künftig die Dunkle Materie in großen Strukturen in detaillierter Form zu untersuchen.“ (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, in press)

Quelle: Hubble Space Telescope Science Institute

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