Jetzt sind es schon zehn: Die Detektoren der LIGO und Virgo Observatorien haben vier weitere Gravitationswellen-Ereignisse aufgezeichnet – darunter das fernste und energiereichste jemals beobachtete. Die detektierten Erschütterungen der Raumzeit wurden durch die Verschmelzung von Schwarzen Löchern verursacht. Dank insgesamt zehn solcher Ereignisse haben Astrophysiker nun erste Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten solcher Kollisionen gewonnen.
Schon vor mehr als 100 Jahren sagte Albert Einstein voraus, dass Beschleunigungsänderungen großer Massen im Universum sogar die Raumzeit selbst erschüttern und in Schwingung bringen. Doch es dauerte bis zum Februar 2016, um erstmals Gravitationswellen mithilfe der LIGO-Detektoren in den USA nachzuweisen. Wenig später registrierte auch der Virgo-Detektor in Italien ein solches Ereignis, ausgelöst durch die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher.
Im Oktober 2017 folgte dann ein weiterer Meilenstein: Erstmals detektierten Physiker Gravitationswellen, die durch die Kollision zweier Neutronensterne verursacht wurden. Dies bestätigte, dass für die Astronomie eine neue Ära begonnen hat: Viele kosmische Phänomene, die keine oder kaum elektromagnetische Strahlung freisetzen, können nun durch „Belauschen“ der Raumzeitschwingungen aufgespürt werden.
Vier neue Nachweise in neun Monaten
Jetzt berichten Forscher der LIGO und Virgo Kollaboration über den Nachweis von vier weiteren Gravitationswellen-Ereignissen. Sie stammen alle aus der Verschmelzung Schwarzer Löcher und ergänzen den bisherigen Katalog der Ereignisse – insgesamt sind es nun elf. „Die Wissenschaft hat ein Jahrhundert gebraucht, um Einsteins Vorhersage zu bestätigen, aber das Tempo unserer Entdeckungen hat sich seitdem enorm beschleunigt“, sagt Sheila Rowan von der University of Glasgow.
Der Nachweis von vier weiteren Verschmelzungen Schwarzer Löcher liefert den Wissenschaftlern mehr Informationen über die Eigenschaften solcher Systeme im Universum und über die Häufigkeit dieser Kollisionen. „Wir analysieren sorgfältig die Merkmale der einzelnen Ereignisse, wie die Massen oder die Rotation der Schwarzen Löcher“, erklärt Peter Shawhan von der University of Maryland. „Aber gleichzeitig betrachten wir auch das Gesamtbild und was es uns darüber verraten kann, wie massereiche Sterne leben und sterben.“
Massen- und Entfernungsrekord
So kristallisiert sich heraus, dass Schwarze Löcher, die einander in Doppelsystemen umkreisen und schließlich verschmelzen, alle aus Sternen mit weniger als 45 Sonnenmassen entstanden sind. Die Masse der resultierenden Schwarzen Löcher bewegt sich dabei zwischen 7,6 bis 50,6 Sonnenmassen, wie die Forscher berichten. Bei zwei der neuen Ereignisse ist es zudem sehr wahrscheinlich, dass mindestens eines der beteiligten schwarzen Löcher rotiert.
Und auch einen neuen Rekord gab es: Das neue Ereignis GW170729 ist die massereichste und am weitesten entfernteste Gravitationswellenquelle, die man bisher beobachtet hat. In dieser Verschmelzung, die vor etwa fünf Milliarden Jahren stattfand, wurden fast fünf Sonnenmassen in Gravitationswellen umgewandelt – entsprechend gewaltig ist die freigesetzte Energiemenge.
Bei einem weiteren der neuen Ereignisse, GW170818, gelang es den Physikern, dessen Lage am Himmel so genau wie bei keinem anderen zuvor zu bestimmen. Sie lokalisierten die Position der verschmelzenden Schwarzen Löcher mit einer Genauigkeit von 39 Quadratgrad. „Diese Entdeckungen zeigen uns, wie wertvoll die Gravitationswellen-Astronomie für unser Verständnis des Universums ist“, so Rowan. „Wir erwarten noch viele weitere spannende Entdeckungen.“
Quelle: LIGO Collaboration, Virgo Collaboration, Max-Planck-Institut für Gravitionsphysik