Ein Mond für den Mond: Theoretisch könnten gleich vier Monde im Sonnensystem kleinere Trabanten besitzen – der Erdmond, Titan, Iapetus und Callisto. Neuen Berechnungen zufolge wären alle vier Monde groß genug und weit genug von ihrem Planeten entfernt, um einem Submond stabile Bedingungen zu bieten. Auch wenn bisher keine solchen Submonde entdeckt wurden, könnten sie existiert haben – und bei Exoplaneten sogar noch vorhanden sein, sagen die Astronomen.
Monde gibt es Sonnensystem reichlich – 175 solcher Trabanten sind bisher bekannt. Einige davon wurden von ihrem Planeten eingefangen, andere entstanden wie der Erdmond bei einer Kollision. Bei den Gasriesen bildeten sich viele Monde wahrscheinlich gemeinsam mit ihrem Planeten durch den Schwerkraft-Kollaps eines Teils der Urwolke. Und auch bei Exoplaneten und sogar Asteroiden haben Astronomen schon Monde entdeckt.
Auf Größe und Abstand kommt es an
Aber eine Frage blieb bisher offen: Kann ein Mond seinerseits einen Trabanten besitzen? „Planeten umkreisen Sterne und Monde umkreisen Planeten, daher war es nur logisch, diese Frage aufzuwerfen“, sagt Sean Raymond von der Universität Bordeaux. Gemeinsam mit seiner Kollegin Juna Kollmeier von der Carnegie Institution Washington haben die beiden Astronomen dies nun mithilfe von astrophysikalischen Modellen untersucht.
Das Ergebnis: Submonde sind tatsächlich möglich. „Submonde von etwa zehn Kilometern Größe können um große, mehr als hundert Kilometer große Monde überleben, wenn deren Orbits weit genug wären“, berichten die Forscher. Denn kreist ein Mond zu nah an seinem Planeten, machen Gezeitenkräfte die Submond-Bahnen instabil – sie stürzen entweder auf den Mond oder werden ins All hinausgeschleudert.
Titan, Iapetus, Callisto und der Erdmond
Was aber bedeutet dies für unser Sonnensystem? Tatsächlich sind viele Monde zu klein oder ihrem Planeten zu nah, um Submonde zu besitzen, wie Raymond und Kollmeier berichten. Aber es gibt vier Monde, die theoretisch eigenen Trabanten einen stabilen Orbit bieten können. Zu ihnen gehören die beiden Saturnmonde Titan und Iapetus, der Jupitermond Callisto – und der Erdmond.
Warum aber besitzen diese Monde trotzdem keine Submonde? Denn bisher haben Astronomen bei keinem dieser vier Himmelskörper kleinere Trabanten entdeckt. Zumindest beim Erdmond gäbe es dafür allerdings gleich mehrere mögliche Gründe. So ist die Masse der Mondkruste ungleich verteilt – die Kruste ist auf der abgewandten Seite dicker. Das führt zu Schwerkraftschwankungen, die die Bahn eines Submonds destabilisieren könnten, wie die Forscher berichten.
Durch Mondwanderung weggeschleudert?
Ein weiterer Faktor: Viele Monde haben ihre Umlaufbahn im Laufe der Zeit verändert – auch der Erdmond: Er vergrößerte seinen Abstand zur Erde von anfangs wenigen Erdradien bis auf rund 60 Erdradien. „Submonde um den Mond wären aber nur jenseits von 30 Erdradien stabil“, erklären die Wissenschaftler. In der Zeit, in der ein Submond am ehesten hätte entstehen können, hätte er sich demnach nicht halten können.
Ein weiterer Grund, warum Submonde nachträglich verloren gehen können, sind Schwerkraft-Einflüsse von benachbarten Monden oder Ringen, wie Raymond und Kollmeier erklären. Durch sie kreisen beispielsweise die inneren Jupitermonde Io, Europa und Ganymed in Resonanz – ihre Umlaufzeiten stehen im Verhältnis 4:2:1. Gleichzeitig können diese Einflüsse jedoch Submonde destabilisieren.
Mondstation als künstlicher Submond
Auch wenn es im Sonnensystem heute offenbar keine Submonde mehr gibt: Zumindest für den Erdtrabanten hat diese Studie auch einen ganz praktischen Nutzen: Wenn künftig Raumstationen den Mond umkreisen, dann können sie dies als künstlicher Submond in einem stabilen Orbit tun. Zudem wissen Astronomen nun, wo sie bei Exoplaneten und deren Monden künftig nach möglichen Begleitern Ausschau halten müssen.
Interessant daran: Der Trabant eines Mondes um einen extrasolaren Gasriesen wie Kepler 1625b könnte durchaus lebensfreundliche Bedingungen bieten, wie Raymond erklärt: „Ein Submond in einem solchen System würde wie Pandora aus Avatar aussehen, nur das der große Planet am Himmel stattdessen der neptungroße Mond des jupiterähnlichen Zentralplaneten wäre“, so der Forscher. „Ein solcher Submond könnte wie eine potenziell habitable Mini-Erde sein.“ (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2019; doi: 10.1093/mnrasl/sly219)
Quelle: Carnegie Institution for Science