Mysteriöse Verformung: Unsere Milchstraße ähnelt eher einem verbeulten Sombrero als einer ebenen Sternenscheibe. Den Grund dafür könnten Astronomen nun im „Dunklen Halo“ entdeckt haben – der Dunklen Materie im Außenbereich unserer Galaxie. Diese unsichtbare Hülle ist offenbar gegen die Milchstraßenebene gekippt. Dadurch verursacht ihr Schwerkrafteinfluss eine s-förmige Verformung der Sternenscheibe, wie die Forschenden in „Nature Astronomy“ berichten.
Die meisten Spiralgalaxien sind ziemlich eben, ihre Sterne konzentrieren sich in einer geraden Scheibe. Nicht so unsere Milchstraße: Anfang 2019 entdeckten Astronomen, dass unsere Galaxie s-förmig verbeult ist. Ein Teil ihres Außenrands liegt deutlich unter der galaktischen Ebene, der gegenüberliegende Teil deutlich darüber. 2020 ergab eine Kartierung dann, dass diese verformten Zonen nicht statisch sind, sondern um das Galaxienzentrum rotieren. Die Milchstraße eiert demnach wie ein Kreisel.
Spurensuche im Halo unserer Galaxie
Aber warum? Bisher diskutierten Astronomen dazu mehrere potenzielle Ursachen. So könnten wiederholte Kollisionen mit der nahen Sagittarius-Zwerggalaxie den Außenrand der Milchstraße so verbeult haben. Aber auch frühe Gaseinströme und Störeffekte durch die Große Magellansche Wolke oder den Halo der Milchstraße gelten als mögliche Urheber. „Bisherige Modellsimulationen dazu konnten aber die s-Form der galaktischen Scheibe nicht quantitativ reproduzieren“, erklären Jiwon Jesse Han und seine Kollegen vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics in den USA.
Deshalb sind sie einer anderen Spur nachgegangen: 2022 hatte ein Team um Han festgestellt, dass der stellare Halo der Milchstraße gegenüber ihrer Sternenscheibe geneigt ist. Demnach kreisen die Sterne in dieser ausgedehnten, weit außen liegenden Plasmahülle nicht auf der Ebene der inneren Sternenscheibe, sondern um rund 25 Grad gegen sie gekippt. „Dieser gekippte stellare Halo spricht dafür, dass auch der zugrundeliegende Halo aus Dunkler Materie gekippt ist“, erklärt Han.