Astronomie

Weiße Zwerge als Kohlenstoff-Fabriken

Viele Kohlenstoffatome im Kosmos entstanden nicht in Supernovae

Weiße Zwerge
Weiße Zwerge, wie diese beiden, sind die kleinen, dichten Überreste von sonnenähnlichen Sternen. Sie entstehen, wenn ein Stern am Ende seines Lebenszyklus die äußeren Hüllen ausschleudert. © ESO/L. Calçada

Stellare Elementfabriken: Entgegen bisheriger Ansicht sind Supernovae nicht die einzige und größte Quelle des Kohlenstoffs im Kosmos. Denn viele Kohlenstoffatome verdanken ihre Existenz stattdessen Weißen Zwergen – den Relikten von eher leichten, sonnenähnlichen Sternen. Denn Weiße Zwerge mit mehr als 1,5 Sonnenmassen schleudern weit mehr kohlenstoffreichen Staub ins All hinaus als bislang gedacht, wie Astronomen jetzt herausgefunden haben.

Kurz nach dem Urknall gab es im Universum nur Wasserstoff und ein wenig Helium und Lithium. Schwerere chemische Elemente bildeten sich erst, als Sterne durch ihre Kernfusion neue Atomsortenn schufen. In ihrem Inneren entstanden so Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff und Eisen. Als dann einige dieser massereichen Sterne zu Neutronensternen wurden und diese kollidierten, entstanden dann die noch schwereren Atomsorten wie Gold, Platin oder Uran.

Supernovae oder Weiße Zwerge?

Doch strittig war bislang, woher der Hauptteil des Kohlenstoffs im Kosmos stammt: Gängiger Theorie nach wird er vor und während der Supernova massereicher Sterne freigesetzt. Theoretisch wäre aber auch denkbar, dass Sterne mit weit weniger Masse dieses Element erschaffen und verteilt haben. Denn einige von ihnen produzieren gegen Ende ihres Lebenszyklus ebenfalls Kohlenstoff, bevor sie dann ihre Hüllen als Planetarische Nebel ausschleudern und ihr Kern zum Weißen Zwerg wird. Auch unsere Sonne wird als Weißer Zwerg enden.

Das Problem jedoch: „Der Massenbereich solcher Kohlenstoffsterne und die Menge ihrer chemischen Auswürfe sind aus den Theorien allein nicht genau einzugrenzen“, erklären Paola Marigo von der Universität Padua und ihre Kollegen. So ist unklar, welche Vorgängersterne und Weißen Zwerge überhaupt genügend Kohlenstoff erzeugen und ihn dann mit ihrem Sternenwind ins All schleudern.

Um mehr Klarheit zu schaffen, haben Marigo und ihr Team nun einige kohlenstoffhaltige Weiße Zwerge in offenen Sternenhaufen der Milchstraße näher untersucht. „Über die Analyse der mit den Teleskopen des Keck-Observatoriums ermittelten Lichtspektren konnten wir die Massen dieser Weißen Zwerge genauer bestimmen“, erklärt Koautor Enrico Ramirez-Ruiz von der University of California in Santa Cruz.

Ein Knick in der Kurve

Das überraschende Ergebnis: Einige der Weißen Zwerge in diesen Sternenhaufen hatten deutlich größere Massen als sie eigentlich haben dürften. Denn bislang gingen Astronomen von einer linearen Beziehung zwischen der Masse des Vorgängersterns und dem resultierenden Weißen Zwerg aus. Doch wie die Beobachtungen enthüllten, gab es bei Vorgängersternen von 1,8 bis 1,9 Sonnenmassen einen Knick in dieser Kurve. Ihre „Nachkommen“ waren im Schnitt 0,1 Sonnenmasse zu schwer.

Aber warum? Eine Erklärung könnte der Kohlenstoff sein, wie die Astronomen erklären. Demnach erzeugen diese Sterne am Lebensende in ihrem Inneren Kohlenstoff, der durch wiederholte Turbulenzen nach und nach in den stellaren Mantel transportiert wird. Dies ermöglicht es dem Sternenkern, länger weiterzubrennen und langsam anzuwachsen. Dadurch ist der resultierende Weiße Zwerg größer als er sein dürfte.

„Der Knick in der Massenbeziehung ist demnach das Indiz für die Synthese von Kohlenstoff durch diese massearmen Sterne“, sagt Marigo.

Unterschätzte Kohlenstoff-Fabriken

Das Entscheidende jedoch: Durch die verlängerte Kohlenstoffproduktion könnten Sterne von 1,6 bis etwa drei Sonnenmassen deutlich mehr zum kosmischen Kohlenstoffbudget beitragen als bislang angenommen. „Die ausgeschleuderte Kohlenstoffmenge im Bereich von 1,6 bis 1,9 Sonnenmassen ist noch eher gering, sie steigt aber ab zwei Sonnenmassen um mehrere Größenordnungen an“, berichten die Astronomen.

Gerade solche Sterne von zwei bis drei Sonnenmassen sind aber in der Milchstraße besonders häufig – sowohl als Einzelsterne wie in Doppelsternsystemen, so Marigo und ihre Kollegen. Ihrer Ansicht nach könnte daher ein erheblicher Teil des so lebenswichtigen und prägenden Elements Kohlenstoff nicht aus Supernovae stammen, sondern aus Weißen Zwergen. (Nature Astronomy, 2020; doi: 10.1038/s41550-020-1132-1)

Quelle: Johns Hopkins University, University of California – Santa Cruz

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