Abgeschaltet: Wegen eines Computerproblems arbeitet das Hubble-Weltraumteleskop seit dem 13. Juni 2021 nicht mehr. Auslöser ist eine automatische Abschaltung des für die wissenschaftlichen Instrumente zuständigen Payload-Rechners. Nachdem mehrere Versuche gescheitert sind, ihn neu zu starten und auf ein Ersatz-Speichermodul zu wechseln, erwägt die NASA nun, den Backup-Rechner zu aktivieren – dieser ist seit seiner Installation 2009 aber noch nie angeschaltet worden.
Das Hubble-Weltraumteleskop ist seit gut 30 Jahren im Orbit und noch immer eines der wichtigsten Werkzeuge der Astronomie. Doch die harschen Bedingungen des Alls gehen auch an ihm nicht spurlos vorüber. Strahlung, Mikrometeoriten und die starken Temperaturgegensätze erodieren Solarsegel, Gyroskope und Elektronik. Danke mehrerer Service-Missionen im Rahmen des Space-Shuttle-Programms wurden Kameras, Rechner und andere Module zwar mehrfach gewartet und ersetzt, dennoch altert das Teleskop.
Payload-Computer ist ausgefallen
Jetzt scheint diese Alterung erste Folgen zu haben: Am 13. Juni 2021 fiel der Payload-Computer aus, das Rechnermodul, das für die Kontrolle und Koordination der wissenschaftlichen Instrumente an Bord des fliegenden Teleskops zuständig ist. „Der Hauptcomputer erhielt kein ‚Keep Alive‘-Signal mehr, das eine Art Handschlag zwischen Payload und Hauptcomputer darstellt“, erklärt die NASA. Als Reaktion darauf versetzte der Hauptcomputer alle Instrumente in den „Safe-Mode“, einen der Sicherheit dienenden Ruhezustand.
Ein Versuch der NASA, den Payload-Computer am 14. Juni wieder anzuschalten, scheiterte. „Das Kontrollzentrum am Goddard Space Flight Center startete den Payload-Computer neu, aber das Problem trat sofort wieder auf“, so die NASA. Erste Analysen deuteten dann auf ein fehlerhaftes Speichermodul hin, weshalb die Bodenkontrolle den Befehl zum Umschalten auf eines der drei Ersatz-Speichermodule sendete. Auch dies war nicht erfolgreich, der Befehl wurde nicht ausgeführt.
Fahndung nach der Ursache
Seither laufen weitere Analysen, um herauszufinden, wo das Problem liegt. „Das Team entwickelt zurzeit Tests, die in den nächsten Tagen durchgeführt werden sollen, um das Problem weiter einzugrenzen und eine potenzielle Lösung zu finden“, hieß es gestern in einer Stellungnahme. „Das ist wichtig um herauszufinden, welche Hardware noch korrekt funktioniert.“
Ersten Erkenntnissen nach könnte das Problem vielleicht doch nicht im Speichermodul liegen, sondern in der sogenannten Standard-Interface-Hardware – einem Bauteil, das die Kommunikation zum zentralen Prozessor des Payload-Computers gewährleistet. „Die Speicherfehler wären dann nur ein Symptom“, so die NASA. Auch einen Schaden am Prozessor selbst ziehen die NASA-Techniker in Betracht.
Umschalten auf den Ersatz-Rechner geplant
Die gute Nachricht: Das Hubble-Teleskop hat noch einen zweiten Payload-Computer – ein zurzeit inaktives Ersatzteil. Beide Rechner und die mit ihnen verknüpfte Hardware können unabhängig voneinander jedes der vier Speichermodule anwählen und nutzen, so dass maximale Redundanz erreicht wird. „Bei einem Problem können wir daher umschalten“, so die NASA.
Allerdings: Der Ersatz-Computer ist seit seinem Einbau bei einer Service-Mission im Jahr 2009 noch nie angeschaltet worden. „Er wurde aber am Boden gründlich getestet, bevor er dann am Teleskop installiert wurde“, betont die NASA. Sowohl das Backup als auch der Original-Payload-Computer beruhen auf einem System, das in den 1980er Jahren speziell für den Weltraumeinsatz entwickelt wurde. Der Backup-Rechner ist zwar „erst“ zwölf Jahre alt, ist aber ebenfalls eines dieser NSSC-1-Systeme.
Sollte es nicht gelingen, das Problem beim ursprünglichen Payload-Rechner zu beheben, plant das NASA-Team, den Ersatzcomputer zu aktiveren. Die dazu nötigen Prozeduren und Befehlssequenzen wurden bereits geprüft und durchgespielt. „Wenn die Hardware des Backup-Payload-Computers angeschaltet ist, wird es dann noch mehrere Tage dauern, um die Leistung des Computers zu prüfen“, so die NASA. Erst dann wird der normale wissenschaftliche Betrieb des Weltraumteleskops wieder beginnen.
Update 01.07.: Die NASA hat das Problem auf zwei Bauteile eingegrenzt, den sogenannten Command Unit/Science Data Formatter, der Befehle und Daten formatiert, sowie einen Spannungsregulator in der Stromversorgungseinheit des Rechnerblocks. Sollte eines dieser Systeme die Ursache für den Ausfall sein, müssen auch weitere Computerkomponenten auf Backup-TEile umgeschaltet werden, was das Prozedere weiter kompliziert.
Quelle: NASA