Mars attracts: Unser Nachbarplanet Mars hat bis heute einen subtilen, aber tiefgreifenden Einfluss auf die Erde – er prägt unser Klima und reicht bis in die Tiefen der Meere, wie eine Studie enthüllt. Diese planetaren Einflüsse kommen zustande, weil sich die Marsbahn in einem regelmäßigen Zyklus von rund 2,4 Millionen Jahren leicht verändert. Dies löst Resonanzeffekte in der Erdbahn aus, die unseren Planeten vorübergehend näher an die Sonne bringen und das Erdklima beeinflussen.
Die Erde kreist nicht isoliert im All: Sie ist Teil eines komplexen Systems von miteinander wechselwirkenden Himmelskörpern – vom Mond über die Nachbarplaneten bis hin zur Sonne. So beeinflussen beispielsweise die Positionen der Planeten die Aktivität der Sonne, gleichzeitig erzeugen zyklische Schwankungen in den Planetenbahnen Resonanzeffekt bei ihren Nachbarn.
Auch die Erde und ihr Klima sind von solchen astronomischen Einflüssen geprägt: Periodische Veränderungen der Erdbahn – sogenannte Milankovic-Zyklen – gelten beispielsweise als Mitauslöser für Eiszeiten. So ändert sich die Exzentrizität der Erdbahn in Zyklen von rund 100.000 und 405.000 Jahren, die Neigung der Erdachse schwankt im Takt von rund 21.000 Jahren.
Zyklischer Einfluss des Mars und seiner Bahn
Doch es gibt noch einen Zyklus, der unser Klima prägt – und für ihn ist unser Nachbar Mars der ausschlaggebende Faktor, wie ein Team um Adriana Dutkiewicz von der University of Sydney herausgefunden hat. Erste Hinweise auf einen solchen marsianischen Einfluss lieferten bereits einige auffallend periodische Veränderungen in geologischen Ablagerungen. Diese deuteten auf klimatische Veränderungen in einem Zyklus von rund 2,4 Millionen Jahren hin.
Als wahrscheinlichste Erklärung galt auch hier eine leichte Veränderung der Erdbahn-Exzentrizität durch externe Schwerkrafteinflüsse. „Dieser 2,4 Millionen Jahre dauernde Zyklus hängt mit der Präzession der sonnennächsten Punkte von Erde und Mars zusammen“, erklären die Forschenden. Diese Perihel-Punkte verändern im Laufe der Zeit ihre Lage entlang der Planetenbahnen, dadurch variiert auch der Schwerkrafteinfluss der beiden Planeten aufeinander. Alle 2,4 Millionen Jahre gerät die Erde dadurch ein kleines Bisschen näher an die Sonne.
Wärmeres Klima, verstärkte Tiefenströmungen und Erosion
Doch wie wirkt sich dieser marsianische Einfluss auf unseren Planeten aus? Um das zu klären, haben Dutkiewicz und ihre Kollegen Daten von 293 Tiefseebohrungen weltweit ausgewertet. Die in diesen Bohrkernen enthaltenen Gesteinsschichten reichen bis zu 70 Millionen Jahre zurück und stammen aus allen Meeresgebieten weltweit. Das Team suchte in diesen Ablagerungen zum einen nach Hinweisen auf die regelmäßigen 2,4-Millionen-Jahres-Zyklen. Zum anderen wollten sie wissen, ob auch Phasen besonders tiefgreifender Wechsel mit diesen Zyklen verknüpft werden können.
Tatsächlich zeigte sich ein deutlich nachweisbarer Effekt: „Unsere Analyse zeigt periodische Phasen starker Erosion durch Tiefsee-Meeresströmungen, die mit den rund 2,4 Millionen Jahre dauernden orbitalen Zyklen verknüpft sind“, berichten Dutkiewicz und ihr Team. In den letzten 70 Millionen Jahren gab es demnach vier lange Phasen, in denen sich diese tiefen Strömungen alle knapp 2,4 Millionen Jahre verstärkten, um dann wieder abzuflauen.
Nähere Analysen ergaben, dass diese Phasen besonders starker Tiefenströmungen und damit verknüpfter Erosion immer dann auftraten, wenn die Erdbahn durch den Marseinfluss exzentrischer wurde. „Dies wiederum bewirkte eine erhöhte Sonneneinstrahlung und Saisonalität“, erklären die Forschenden. Die Folge: Die Höhepunkte dieses 2,4-Millionen-Jahres-Zyklus trafen häufig mit besonders warmen Klimaperioden in der Erdgeschichte zusammen.
Es gab auch „Zyklusstörungen“
Es gab in den letzten 70 Millionen Jahren jedoch auch mehrere Phasen, in denen der regelmäßige Zyklus unterbrochen war, wie die Bohrkerndaten zeigten. „Eine prominente Episode solcher Zyklusstörungen war das Paläozän-Eozän-Wärmemaximum vor rund 56 Millionen Jahren“, berichtet das Team. Damals stiegen die globalen Mitteltemperaturen um fünf bis sechs Grad, selbst die Pole waren eisfrei. Was diese drastische Erwärmung verursachte, ist jedoch strittig – diskutiert werden unterseeische Vulkanausbrüche, Kometeneinschläge und Methanausgasungen.
Als weiteren Auslöser schlägt nun Dutkiewicz‘ Team astronomische Faktoren vor: Wie sie mithilfe von astrophysikalischen Modellen ermittelten, gab es zu jener Zeit einen chaotischen Wandel in mehreren Planetenbahnen des inneren Sonnensystems. Die dadurch verursachten Schwerkraftturbulenzen könnten auch die Bahn der Erde und infolgedessen ihr Klima verändert haben.
Andere Unterbrechungen des marsbedingten Zyklus von 2,4 Millionen Jahren fielen mit tektonischen Veränderungen auf der Erde zusammen. So öffneten sich vor rund 34 bis 30 Millionen Jahren mehrere Meerespassagen, darunter die Drake-Passage südlich von Südamerika und die Tasman-Meeresstraße. „Dies verband alle großen Ozeane miteinander und beeinflusste die globalen Ozeanzirkulation tiefgreifend“, erklären die Forschenden.
Starke Strömung trotz warmer Ozeane?
Interessant auch: „Unsere Tiefseedaten deuten darauf hin, dass die wärmeren Ozeane mit Zeiten einer stärkeren Tiefsee-Zirkulation zusammentrafen“, sagt Dutkiewicz. Dies scheint auf den ersten Blick Daten zu widersprechen, nach denen die globale Ozeanzirkulation in Warmzeiten eher schwächelt – wie auch aktuell durch den Klimawandel der Fall. Demnach beeinträchtigt das Schmelzen der polaren Eismassen und der Einstrom von Schmelzwasser die „Umwälzpumpen“ der großen Meeresströmungen.
„Aber das Schmelzen und Gefrieren von Meereis ist nicht der einzige Mechanismus, der die Tiefseezirkulation beeinflusst“, betont Koautor Dietmar Müller von der University of Sydney. Denn wenn das Klima – beispielsweise durch den planetaren Einfluss des Mars – wärmer wird und mehr Energie in Atmosphäre und Ozeanen vorhanden ist, kommt es auch zu vermehrten und stärkeren Stürmen und Verwirbelungen in den Meeren. Das wiederum fördert Strömungen und Erosion am Meeresgrund, wie Müller erklärt.
Dies könnte auch in unserer aktuellen Klimazukunft zum Tragen kommen: Möglicherweise bleiben die Tiefenströmungen der Ozeane auch bei fortschreitendem Klimawandel stabiler als bisher angenommen. „Der Effekt könnte verhindern, dass das Meer komplett stagniert, selbst wenn die Atlantische Meridionale Umwälzströmung schwächer wird oder ganz stoppt“, erklärt Müller. (Nature Communications, 2024; doi: 10.1038/s41467-024-46171-5)
Quelle: University of Sydney