Magnetare sind die stärksten Magneten im Kosmos. Was passiert, wenn diese Neutronensterne zum Schwarzen Loch kollabieren, haben Astrophysiker nun erstmals mithilfe einer detaillierten Simulation rekonstruiert. Sie enthüllt, wie der Kollaps die stärksten Magnetschockwellen des Universums erzeugt und Materie- und Antimaterieteilchen kollidieren lässt. Die Schockwellen und enormen Energien lassen selbst den Ereignishorizont des Schwarzen Lochs nachbeben, wie die Astronomen berichten.
Magnetare sind schnell rotierende Neutronensterne mit extrem starken Magnetfeldern. Diese können Flussdichten von mehr als einer Milliarde Tesla erreichen – kein anderes Objekt im Kosmos erzeugt so hohe Magnetstärken. Doch wie Magnetare entstehen, ist bisher erst in Teilen geklärt. Demnach können diese stark magnetisierten Neutronensterne bei bestimmten Supernovae aus besonders massereichen Heliumsternen oder auch durch die Interaktion oder Verschmelzung von zwei Vorgängersternen entstehen.
Ein besonderer Fall sind dabei Magnetare, die aus der Verschmelzung von zwei Neutronensternen hervorgehen. Diese bilden für kurze Zeit einen rasend schnell rotierenden, extrem magnetisierten „Mega-Neutronenstern“ – einen besonders massereichen Magnetar. Dieser ist jedoch instabil und kollabiert zum Schwarzen Loch – meist geschieht dies innerhalb von Millisekunden. Doch es gibt auch Fälle, in denen ein solcher Magnetar länger überdauert.
Erster Blick in die Magnetsphäre eines kollabierenden Magnetars
Was dann beim Kollaps eines solchen Magnetars geschieht, haben nun Elias Most vom California Institute of Technology und sein Kollegen erstmals genauer rekonstruiert. Dafür nutzen sie eine komplexe Simulation, die die physikalischen Vorgänge in der Magnetosphäre eines Neutronensterns mit einer Magnetfeldstärke von einer Billion Tesla erstmals im Detail abbildet. „Es ist die erste magnetohydrodynamische Simulation, die die Magnetosphäre eines kollabierenden Magnetars zeigt“, konstatieren die Astrophysiker.
Die Simulationen enthüllen: Wenn der Magnetar zum Schwarzen Loch kollabiert, wird auch sein Magnetfeld nach innen gezogen und komprimiert. Im Zentrum entsteht dabei eine Zone extremen Drucks und magnetischer Flussdichte, deren Energie sich nach außen entlädt: „Diese innere Zone katapultiert eine Druckwelle in die umgebende Magnetosphäre, die sich mit fast Lichtgeschwindigkeit ausbreitet“, berichten Most und sein Team.
Stärkste Magnetschockwelle im Kosmos
Diese magnetische Schockwelle rast durch das Plasma des kollabierenden Magnetars und erzeugt einen „Monsterschock“ – eine der stärksten Magnetschockwellen im Universum, wie das Team erklärt. In dieser nur eine Millisekunde dauernden Phase wird die Magnetosphäre des Neutronensterns zerstört und enorme Energie freigesetzt. Ein Teil dieser Energie beschleunigt Elektronen und Positronen im Plasma und lässt sie explosionsartig nach außen rasen.
Bei dieser Explosion kommt es zu Kollisionen zwischen den Elektronen und ihren Antiteilchen, durch die sich Materie und Antimaterie gegenseitig auslöschen – und weitere Energie in Form von Gammastrahlung freisetzen. „Dies erzeugt einen Gammastrahlenausbruch, der nur wenige Millisekunden anhält“, berichten die Astrophysiker.
Ereignishorizont vibriert wie eine Glocke
Ebenfalls innerhalb der ersten Millisekunden bildet sich im Zentrum des explosiven Geschehens das Schwarze Loch. Wie die Simulation enthüllte, schwingt dessen Ereignishorizont durch den Kollaps noch wenige Millisekunden lang nach. „Dieses Ring-Down legt einen Zusammenhang zu den jüngst berichteten quasiperiodischen Oszillationen in einigen Gammastrahlenausbrüchen nahe“, schreiben Most und seine Kollegen. Demnach könnten diese Oszillationen auf die Vibrationen eines frisch gebildeten Schwarzen Lochs zurückgehen.
Und noch ein kosmisches Phänomen könnte mit dem Kollaps von Magnetaren zusammenhängen: die Fast Radiobursts (FRB). Astronomen vermuten schon länger, dass diese ultrakurzen, aber extrem energiereichen „Radioblitze“ durch Magnetare verursacht werden – wie, ist jedoch noch unklar. Die Simulation deutet nun darauf hin, dass der Kollaps dieser Sternenreste zumindest einige dieser Radioausbrüche verursacht. Ungeklärt ist allerdings noch, wie die Radioblitze es schaffen, die Plasmahülle des kollabierenden Magnetars zu durchdringen, wie Most und seine Kollegen einräumen. (The Astrophysical Journal Letters, 2024; doi: 10.3847/2041-8213/ad7e1f)
Quelle: The Astrophysical Journal Letters