Astronomie

Wie Magnetare Fast Radiobursts erzeugen

Erster Beweis dafür, dass Radioblitze der Magnetosphäre entstammen

Magnetar mit Radioblitz
So könnte es aussehen, wenn ein Neutronenstern einen Radioblitz aus seiner Magnetosphäre entsendet. © Daniel Liévano, bearbeitet von MIT News

Rätselhafte Radioblitze: Astronomen haben erstmals einen Fast Radioburst bis in die Magnetosphäre eines Neutronensterns zurückverfolgt. Bislang war zwar klar, dass Magnetare der Ursprung energiereicher kosmischer Radioblitze sein können, aber nicht in welchem Abstand zum Neutronenstern sich die Ausbrüche ereignen. Nun liegt der erste Beweis dafür vor, dass die turbulente Magnetosphäre selbst Quelle der Radiopulse sein kann, wie das Team in „Nature“ berichtet.

Seit ihrer Entdeckung im Jahr 2007 stellen Fast Radiobursts (FRB) Astronomen vor große Rätsel. Die kosmischen Radiopulse dauern nur wenige Millisekunden, setzen dabei aber so viel Energie frei wie unsere Sonne an einem ganzen Tag. Was die energiereichen Energiepulse verursacht, ist höchst umstritten. Doch zumindest einige Fast Radiobursts scheinen von Magnetaren auszugehen – schnell rotierenden Neutronensternen mit starkem Magnetfeld. Zum Beispiel konnte der erste in unserer eigenen Galaxie beobachtete Radioblitz auf einen Magnetar nahe des Milchstraßenzentrums, also „nur“ rund 30.000 Lichtjahre von uns entfernt, zurückgeführt werden.

Auf den Spuren der Fast Radiobursts

Doch wie erzeugen Magnetare die extremen Radioblitze? Forschende um Kenzie Nimmo vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) sind dem Phänomen nun genauer auf den Grund gegangen. Dafür untersuchte das Team den Ursprung eines 2022 vom Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment (CHIME) detektierten Fast Radiobursts namens FRB 20221022A. Sowohl hinsichtlich seiner Dauer von zwei Millisekunden als auch seiner Helligkeit lag der Radiopuls genau im Durchschnitt aller bisher beobachteten Fast Radiobursts und eignete sich daher ideal als repräsentatives Fallbeispiel.

Der Ursprung von FRB 20221022A konnte bereits auf eine etwa 200 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie zurückgeführt werden. Der Polarisationswinkel des Lichts ähnelte außerdem einer glatten S-förmigen Kurve, was darauf hindeutet, dass der Emissionsort des Radiopulses rotiert und damit ein Neutronenstern sein könnte.

Flackernd zum Ziel

Um die genaue Position des Radiosignals von FRB 20221022A zu bestimmen, analysierten Nimmo und ihre Kollegen dessen „Szintillieren“ – die Verzerrung, die sein Licht auf dem Weg durch Gas im Raum erfährt. Szintillation ist auch für das Funkeln von Sternen am Nachthimmel verantwortlich. Je weiter der entsprechende Stern entfernt liegt, desto mehr verzerrt sich sein Licht auf dem Weg zu uns und desto mehr flackert der Stern am Himmel.

Die Idee von Nimmo und ihren Kollegen: Könnte der Grad der Szintillation in FRB 20221022A näher bestimmt werden, ließe sich daraus die Größe jener Region berechnen, aus der der Radioblitz stammt. Tatsächlich zeigte das Licht des Fast Radiobursts von 2022 eine starke Szintillation, was das Team schließlich zu jener Gasregion führte, die das Signal verzerrte. Indem sie diese Gasregion als Linse benutzten, konnten die Forschenden den Fast Radioburst auf einen Umkreis von 10.000 Kilometern um seine Quelle eingrenzen.

„Aus einer Entfernung von 200 Millionen Lichtjahren auf eine 10.000-Kilometer-Region zu zoomen, ist so, als ob man die Breite einer DNA-Helix, die etwa zwei Nanometer breit ist, auf der Oberfläche des Mondes messen könnte“, verdeutlicht Koautor Kiyoshi Masui.

Magnetosphäre als Ursprung

Dass der Ausbruch von FRB 20221022A sich in derart geringer Entfernung von seiner Quelle ereignete, könnte nun Klarheit in eine der großen Debatten der Astrophysik bringen: Gehen FRBs von der turbulenten Magnetosphäre aus, die ein kompaktes Objekt wie einen Neutronenstern unmittelbar umgibt? Oder entstehen die Ausbrüche viel weiter entfernt als Teil einer Schockwelle, die sich vom zentralen Objekt weg ausbreitet?

Die neuen Erkenntnisse von Nimmo und ihrem Team deuten nun darauf hin, dass Ersteres korrekt ist. Die Berechnungen sind damit der erste schlüssige Beweis dafür, dass Fast Radiobursts der Magnetosphäre von Neutronensternen entstammen können, sind aber gleichzeitig auch eine große Überraschung: „In diesen Umgebungen von Neutronensternen sind die Magnetfelder wirklich an der Grenze dessen, was das Universum erzeugen kann. Es gab viele Diskussionen darüber, ob diese helle Radioemission überhaupt aus diesem extremen Plasma entweichen kann“, berichtet Nimmo. Doch offenbar ist dies tatsächlich möglich.

„Das Spannende ist, dass wir herausgefunden haben, dass die in diesen Magnetfeldern gespeicherte Energie in der Nähe der Quelle verdreht und neu konfiguriert wird, so dass sie als Radiowellen freigesetzt werden kann, die wir im halben Universum sehen können“, ergänzt Masui. Er und seine Kollegen hoffen nun, dass Szintillationsanalysen auch dabei helfen, den Ursprung und die Entstehung anderer Fast Radiobursts zu klären. (Nature, 2025; doi: 10.1038/s41586-024-08297-w

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Geheimnisvoller Kosmos - Astrophysik und Kosmologie im 21. Jahrhundert von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr

Kosmologie für helle Köpfe - Die dunklen Seiten des Universums von Harald Lesch

Top-Clicks der Woche