Falsch dargestellt: Bisher schien der Planet Neptun in astronomischen Aufnahmen deutlich bläulicher als sein Nachbar Uranus. Doch das entspricht nicht der wahren Färbung beider Eisriesen, wie spektrale Analysen nun enthüllen. Denn in Wirklichkeit ist Neptun ähnlich grünlichblau wie Uranus, was auch besser zu den sehr ähnlichen Atmosphären beider Planeten passt. Ebenfalls geklärt ist nun auch, warum der Uranus im Laufe seines 84 Jahre dauernden Sonnenumlaufs seine Farbe ändert.
Uranus und Neptun sind in gleich mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Die beiden äußeren Planeten unseres Sonnensystems haben ein Magnetfeld mit vier statt der üblichen zwei Polen und beide sind Eisriesen mit einem Inneren aus exotischen Eisformen und fallenden „Matschbällen“ aus Ammoniak. Uranus umkreist die Sonne zudem als einziger Planet auf der Seite liegend – seine Rotationsachse ist um 90 Grad gegen seine Umlaufbahn gekippt.
Warum die alten Bilder ungenau sind
Doch es gibt noch eine Gemeinsamkeit dieser beiden Außenwelten: Beide sind die am wenigsten erforschten Planeten im Sonnensystem. Nur die Raumsonde Voyager 2 kam ihnen auf ihrem Weg zu den Grenzen des Sonnensystems halbwegs nahe. Entsprechend wenige Aufnahmen gibt es von beiden Planeten – und diese sind noch dazu ziemlich ungenau. Denn die Bilder der Voyager-Sonde wurden aus verschiedenen, in einzelnen Farbkanälen aufgenommenen Bildern zusammengefügt. Ob die Gewichtung der Farben stimmt, bliebt aber unklar.
„Zwar sind die vertrauten Bilder des Uranus der wahren Färbung etwas näher, aber vor allem die Neptun-Aufnahmen wurden gedehnt und verstärkt und dabei zu bläulich gemacht“, erklärt Erstautor Patrick Irwin von der University of Oxford. Als Folge dieser Bearbeitungen erschien der Neptun deutlich blauer als Uranus und auch spätere Aufnahmen mit dem Hubble-Weltraumteleskop und erdbasierten Teleskopen behielten diese Blaufärbung bei.
Gleich und doch verschieden
Das Merkwürdige daran: Eigentlich sind sich Uranus und Neptun in ihrer atmosphärischen Zusammensetzung und in ihren Temperaturen sehr ähnlich. Ihre Gashüllen bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff, zu etwa 15 bis 20 Prozent aus Helium, außerdem aus einigen Prozent Methan und geringen Anteilen von Schwefelwasserstoff, Ammoniak und anderen Verbindungen. Auch Wasser ist in Form von Eiswolken präsent. Verantwortlich für die bläuliche Färbung der beiden Eisriesen ist jedoch primär das Methan: Es absorbiert die rötlichen Wellenanteile des Lichts und die Planeten erscheinen daher bläulich.
Aber wie blau sind Neptun und Uranus tatsächlich? Um dies zu klären, haben nun Irwin und sein Team Daten des Hubble-Teleskops und des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile genutzt, um das von den beiden Eisriesen abgestrahlte Licht spektroskopisch zu analysieren. Mithilfe dieser spektralen „Eichdaten“ kalibrierte das Team dann die alten, aus einzelnen Farbfilter-Aufnahmen zusammengestellten Aufnahmen von Voyager 2 und Hubble neu.
Beide sind blass grünlichblau
Das Ergebnis: „Indem wir unser Modell auf die Originaldaten anwendeten, konnten wir die bisher präziseste Farbdarstellung von Neptun und Uranus erzielen“, sagt Irwin. Demnach haben Uranus und Neptun tatsächlich fast die gleiche Farbe, beide schimmern in einer sehr ähnlichen Schattierung eines blassen Grünblaus. Allerdings hat Neptun einen ganz leicht bläulicheren Ton – ohne direkten Vergleich ist dieser Unterschied aber kaum wahrnehmbar.
„Die Fehldarstellung von Neptuns Farbe hat uns jahrzehntelang verfolgt, aber jetzt ist dies endlich geklärt“, kommentiert die nicht an der Studie beteiligte US-Astronomin Heidi Hammel.
Rätsel des Farbwechsels gelöst
Und noch etwas erklären die neuen Analysen: Seit langem beobachten Planetenforscher, dass sich die Färbung des Uranus im Laufe seines 84 Jahre dauernden Umlaufs um die Sonne verändert. Wenn der Eisriese seine Sonnenwenden durchlebt und einer seiner beiden Pole direkt in Richtung Sonne zeigt, erscheint er etwas grünlicher. Steht die Sonne dagegen über dem Äquator des Uranus, verändert sich seine Farbe zum etwas Bläulicheren.
Aber warum? Bisher blieb dies unklar. Doch dank der neuen Analysen konnten Irwin und sein Team ermitteln, wie dies mit der Beschaffenheit der Uranus-Pole und der polaren Gashülle zusammenhängt. Ein Faktor ist demnach das stärker aus der Atmosphäre ausgefrorenen Methan, wodurch weniger gasförmige Methanmoleküle übrigbleiben, die die rötlichen Lichtanteile schlucken. Im Schnitt ist der Methananteil in der polaren Gashülle nur halb so hoch wie am Äquator, wie das Team feststellte.
Hinzu kommt: Ein Teil des ausgefrorenen Methans bildet einen Schleier aus Methaneis-Kristallen in der Uranus-Atmosphäre. Dieser an den Polen dichtere Eisschleier reflektiert grüne und rötliche Lichtanteile stärker. Immer, wenn der Uranus uns seine Pole direkt zukehrt, erscheint er dadurch grünlicher. „“Dies ist die erste Studie, die den Farbwechsel des Uranus während seines Jahresverlaufs quantitativ erklären kann“, sagt Irwin. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2024; doi: 10.1093/mnras/stad3761)
Quelle: Royal Astronomical Society