Information ist überall: Jedes Elementarteilchen ist durch bestimmte Merkmale und Zustände charakterisiert – und damit auch Informationsträger. Ein Physiker hat nun hochgerechnet, wie viel Information im Universum in Form von Materieteilchen kodiert ist. Sein Ergebnis: Allein Elektronen, Quarks und die aus ihnen aufgebauten Protonen und Neutronen entsprechen rund 6 x 1080 Bit an Information. Alle nicht in der sichtbaren Materie enthaltenen Teilchen sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet.
Information ist steckt in allem – nicht nur in unseren Computern. Schon jedes Lebewesen ist eine wandelnde Ansammlung biochemisch kodierter Information – unsere DNA speichert mehr Daten als jede Festplatte. Dazu kommen die Informationsspeicher unseres Gehirns und das gesamte immaterielle Wissen der Kulturen. Allein die Beherrschung unserer Muttersprache entspricht im Schnitt 12,5 Millionen Datenbits, wie Forscher 2019 ermittelt haben.
Teilchen als Informationsträger
Doch das ist nicht alles: Auch in jedem Elementarteilchen steckt Information, wie schon im Jahr 1929 der Physiker Leo Szillard postulierte. Denn jedes Teilchen im Standardmodell der Physik lässt sich anhand von drei Grundmerkmalen identifizieren: Masse, Ladung und Spin. „Diese drei Freiheitsgrade werden nicht vom Beobachter erzeugt, sondern sind schon vorhanden– am wahrscheinlichsten im Teilchen selbst“, erklärt Melvin Vopson von der University of Portsmouth. „Sie sind wie ein Etikett oder eine ‚Partikel-DNA‘.“
Daraus ergibt sich, dass die Materie allein durch ihren Aufbau aus solchen Elementarteilchen schon eine gewisse Mindest-Informationsmenge speichert – ohne Berücksichtigung der zusätzlich aus der chemischen Struktur oder den Wechselwirkungen generierten Daten. Aber wie viel ist das, wenn man das gesamte Universum betrachtet? „Die Informations-Kapazität des Universums wird schon seit einem halben Jahrhundert diskutiert“, sagt Vopson. Je nach Ansatz kamen Wissenschaftler dabei auf Werte von 1088 bis zu 10120.
Klassische Informationstheorie als Basis
Jetzt hat sich auch Vopson dieser Frage angenommen. Für seinen Ansatz greift er auf die Informationstheorie des Mathematikers Claude Shannon zurück, der 1948 Information erstmals abstrakt auf mathematisch-theoretischer Grundlage beschrieb und so in Form des Bit quantifizierbar machte. Shannons grundlegende Formel zur Beschreibung des Informationsgehalts bildet die Basis für Vopsons Berechnungen.
Für seine Studie hat der Physiker zunächst ermittelt, wie viel Information in einem einzelnen Materieteilchen in Form eines Elektrons, Quarks und dem daraus aufgebauten Proton oder Neutron steckt. Seinen Berechnungen zufolge steckt demnach in einem durchschnittlichen Materiebaustein ein Informationsgehalt von rund 1,509 Bit. Dieser Wert ist eine Art Mittelwert, der sich aus dem Gehalt der einzelnen Teilchensorten und ihren prozentualen Anteilen an der Materie ergibt, wie Vopson erklärt.
Wie viele Materieteilchen gibt es?
Im nächsten Schritt geht es um die Frage, wie viele Materieteilchen es im Universum gibt. Angesichts der Tatsache, dass das Universum nach gängiger Theorie unendlich ist, scheint dies kaum beantwortbar. Vopson behalf sich hier, indem er nur die Teilchen des beobachtbaren Universums mit einkalkulierte – die Grenzen dessen, das rein physikalisch und auf Basis des Alters des Kosmos von uns aus erfassbar wäre.
Daraus ergibt sich ein Raumvolumen, dessen Radius auf rund 46,5 Milliarden Lichtjahren geschätzt wird. Über weitere Faktoren wie der Dichte, Gravitationskonstante und der Hubble-Konstante sowie der Temperatur verschiedener Materieansammlungen im Kosmos entwickelte Vopson eine Formel, über die er die Zahl der Protonen, Neutronen und Elektronen in diesem Raumausschnitt hochrechnete.
6,036 x 1080 Bit an Information
Sein Ergebnis: „Die Berechnungen ergeben, dass das beobachtbare Universum etwa 4 x 1080 dieser Teilchen enthält“, berichtet Vopson. Diese Zahl bewegt sich etwa im gleichen Bereich wie die Eddington-Zahl – eine vom Astrophysiker Arthur Eddington im Jahr 1940 erstellte Hochrechnung der Zahl der Protonen im Kosmos.
Aus der Zahl der Atombausteine und dem durchschnittlichen Informationsgehalt eines Protons, Neutron oder Elektrons ergibt sich nach Vopson demnach eine in allen Materieteilchen des Universums enthaltene Informationsmenge von 6,036 x 1080 Bit. In Bytes ausgedrückt entspräche dies 7,5 x 1059 Zettabyte. Zum Vergleich: Die gesamte im Jahr 2020 weltweit erzeugte und gespeicherte digitale Datenmenge liegt bei knapp 65 Zettabyte.
Gilt nur für baryonische Materie
Vopsons Wert für die in der gesamten Materie enthaltenen Information liegt damit niedriger als vorhergehende Versuche einer solchen Quantifizierung. Allerdings sei bei diesen Ansätzen der gesamte Informationsgehalt des Kosmos ermittelt worden, er habe nur die stabilen Elementarteilchen Elektronen, Quarks, Protonen und Neutronen berücksichtigt, sagt der Physiker. Antimaterie, Dunkle Materie und andere kurzlebigere Elementarteilchen wie Neutrinos sind demnach nicht enthalten.
„Zudem lässt sich diese Diskrepanz auch dadurch erklären, dass wir entsprechend der Informationstheorie von Shannon vom effektivsten Kompressions-Mechanismus für Information ausgegangen sind“, erklärt Vopson. Einen großen Vorteil seines Ansatzes sieht er darin, dass sich der darüber ermittelte Informationsgehalt eines einzelnen Materieteilchens experimentell testen lassen könnte. (AIP Advances, 2012; doi: 10.1063/5.0064475)
Quelle: American Institute of Physics