Der Grundbaustein allen organischen Lebens im Universum, auch des Menschen, ist das Element Kohlenstoff. Doch woher stammt er? Wissenschaftler haben jetzt neues Licht auf die primäre Reaktion geworfen, die Kohlenstoff in Sternen entstehen lässt. Diese so genannte „Triple Alpha Reaktion“ gilt als die Quelle allen Kohlenstoffs im Weltall.
Wissenschaftler des CERN und acht europäischer Universitäten und Institute konnten mit neuen Versuchen zeigen, dass sich die Rate, mit der der Kohlenstoff bei dieser Reaktion entsteht von der bisher angenommenen unterscheidet. Das hat Auswirkungen auf viele Bereiche der Astrophysik, von der Bildung der ersten Sterne bis hin zur Entstehung der schwersten Elemente in Supernovae.
„Der Zusammenhang zwischen der subatomaren Welt und dem Kosmos ist faszinierend. Das Beispiel des Kohlenstoffs ist ein altes Problem, mit dem sich schon viele ‚Helden’ dieses Forschungsfelds beschäftigt haben“, erklärt Hans Fynbo von der Universität von Aarhus. „Es ist schön, jetzt einige der von ihnen gestellten Fragen beantworten zu können.“
Astrophysiker gehen davon aus, dass beim Urknall zunächst nur die leichten Elemente Wasserstoff (Masse 1) und Helium (Masse 4) entstanden, weil es keine langlebigen Atomkernen mit den Massen 5 und 8 gab, die die Brücke zu schwereren Elementen wir Kohlenstoff schlagen konnten. Im Herzen der Sterne jedoch ist die Bildung von Kohlenstoff durch die Triple-Alpha-Reaktion möglich. Dabei verschmelzen drei Heliumkerne zu einem Kohlenstoff-12 Atomkern.
Anstatt die Extrembedingungen im Inneren von Sternen nachzubilden, untersuchten die Wissenschaftler des CERN und ihre Kollegen die umgekehrte Reaktion: Das Zerbrechen von Kohlenstoff-12-Kernen in drei Alpha-Teilchen. Dafür erzeugten sie zunächst die kurzlebigen Isotope Boron-12 und Stickstoff-12. Diese instabilen Kerne zerfielen schnell in Kohlenstoff-12, indem sich ein Proton in ein Neutron und umgekehrt umwandelte. Das Kohlenstoff-12 wiederum zerbrach in drei Alpha-Teilchen.
Energetischer Zustand der Kohlenstoffkerne ermittelt
Die Forscher registrierten die Geschwindigkeit und die Energie der aus den Proben freigesetzten Alpha-Teilchen und konnten dadurch auf den energetischen Zustand der Kohlenstoffkerne unmittelbar vor ihrem Zerfall schließen. Aus dieser Information ermittelten sie die Rate des Triple-Alpha-Prozesses über den weiten Temperaturbereich von 0,01 bis 10 Milliarden Kelvin – und damit für die Bedingungen in den meisten Sternen des Universums.
Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Triple-Alpha-Rate bei den relativ niedrigen Temperaturen der ersten, noch kohlenstofffreien Sterne des Universums erheblich schneller ablief als bisher angenommen. Damit muss der Kohlenstoff, der dann kurze Zeit später die Wasserstoffverbrennung in den ersten Sternen anregte, fast doppelt so schnell entstanden sein als vermutet.
Bei hohen Temperaturen von mehr als einer Milliarde Kelvin arbeitet der Triple-Alpha-Prozess dagegen erheblich langsamer als zuvor geschätzt und verändert damit auch die Sicht auf den Prozess der Elementproduktion in den Supernovae. Diese Explosionen von alten massereichen Sternen sind die Hauptquelle von schweren Elementen im Universum.
(CERN, 17.01.2005 – NPO)