Störeffekt statt Mond? Bisher haben Astronomen zwei mögliche Exomonde im All aufgespürt – große Monde um extrasolare Gasriesen. Doch jetzt wecken neue Analysen Zweifel an diesen Funden. Denn die detektierten Auffälligkeiten in den Lichtkurven dieser Systeme sind auch anders zu erklären, wie Forscher in „Nature Astronomy“ berichten. Tatsächliche Exomonde müssten dagegen ein deutlicheres Signal verursachen. Der erste echte Exomond könnte daher noch auf seine Entdeckung warten.
In unserem Sonnensystem haben die meisten Planeten mindestens einen Mond. Es liegt daher nahe, dass auch viele Exoplaneten von Trabanten umkreist werden. Doch solche extrasolaren Monde nachzuweisen, ist extrem schwierig. Sie erzeugen wegen ihrer geringen Größe nur ein sehr schwaches, im optischen Rauschen fast untergehendes Signal beim Transit des Exoplaneten vor seinem Stern. Noch schwieriger ist es, den Schwerkrafteinfluss eines solchen Exomonds auf den Stern zu detektieren.
„Exomonde sind so weit entfernt, dass man sie auch mit leistungsstarken Teleskopen leider nicht direkt sehen und nachweisen kann“, erklärt René Heller vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.
Wie die beiden Exomond-Kandidaten aufgespürt wurden
Dennoch ist es Astronomen um David Kipping von der Columbia University in New York in den letzten Jahren gelungen, zwei mögliche Exomond-Kandidaten aufzuspüren. 2018 wiesen sie in Transitdaten der Kepler- und Hubble-Weltraumteleskope ein vielversprechendes Signal von dem rund 8.000 Lichtjahre entfernten Gasriesen Kepler 1625b nach. Dieses deutet auf die Präsenz eines neptungroßen Exomonds in einer weiten Umlaufbahn um den Exoplaneten hin. 2022 entdeckte das Team Indizien für einen weiteren Exomond dieser Größe um den 5.500 Lichtjahre entfernten Exo-Jupiter Kepler-1708b.
Doch das zusätzliche Abdimmen, das diese möglichen Exomonde in der Lichtkurve ihres Sterns verursachen, ist so schwach, dass die Astronomen es nur mithilfe aufwendiger Modellrechnungen aufspüren konnten. Dafür erzeugten sie zunächst Millionen künstliche Lichtkurven für alle denkbaren Konstellationen von Planeten und Monden. Ein Algorithmus vergleicht diese simulierten Lichtkurven dann mit der gemessenen Kurve und sucht die beste Übereinstimmung. Entspricht diese einem Exoplanet-Exomond-System, gilt dies als potenzieller Treffer.
Astronomische Daten überprüft
Jetzt wecken Analysen allerdings Zweifel an den beiden Exomond-Kandidaten. Dafür hatten Heller und sein Kollege Michael Hippke vom Sonneberg Observatorium die astronomischen Daten mit einem neu entwickelten Aufspür-Algorithmus überprüft. Dieses „Pandora“ getaufte Programm nutzt ebenfalls synthetische Lichtkurven als Vergleichsbasis, ist aber für die Suche nach Exomonden optimiert und berücksichtigt neueste Erkenntnis zur Physik von Drei-Körper-Systemen.
Das überraschende Ergebnis: Die Exomonde um die beiden extrasolaren Gasriesen sind wahrscheinlich keine. „Gerne hätten wir die Entdeckung von Exomonden um Kepler-1625b und Kepler-1708b bestätigt“, sagt Heller. „Doch leider zeigen unsere Auswertungen etwas anderes.“ Von den unzähligen möglichen Erklärungen, die das Modell für die Anomalien in den Lichtkurven lieferte, kamen die meisten ohne Exomond aus. Die leichte zusätzliche Abschattung kann demnach auch durch natürliche Helligkeitsschwankungen des Sterns, Schwerkrafteinflüsse auf die Planetenbahn und andere Störeffekte zustandekommen.
Signale nicht eindeutig genug
Im Fall des Exoplaneten Kepler-1708b ergaben die Analysen, dass ein Mond von der postulierten Größe und Umlaufbahn ein stärkeres, deutlicheres Signal in der Lichtkurve hinterlassen müsste. Denn in den Teleskopdaten lag dieses nur ganz knapp über dem Grundrauschen, wie das Team berichtet. Der Prüfalgorithmus stufte einen mondlosen Planeten als knapp zwölfmal wahrscheinlicher ein als die Existenz eines Exomonds in diesem System. „Das schließt zwar nicht aus, dass es einen realen Exomond um Kepler-1708b gibt, macht es aber sehr unwahrscheinlich“, konstatieren die Astronomen.
Ähnlich sieht es beim Exoplaneten Kepler-1625b aus. Bei ihm gibt es vor allem bei den Daten des Hubble-Teleskops Lücken, die die Auswertung erschweren und potenziell zu Verfälschungen führen. So wurde möglicherweise die Mitte-Rand-Verdunklung nicht ausreichend berücksichtigt – die Tatsache, dass der Rand eines Sterns per se dunkler erscheint als sein Zentrum. Weil sich dies auch auf Timing und Intensität der Transit-Lichtkurve auswirkt, muss es herausgerechnet werden. Zudem ist auch hier das Signal sehr schwach, wie das Team erklärt.
Nach Ansicht der Astronomen ist es daher sehr unwahrscheinlich, dass die beiden Exomond-Kandidaten real sind. In jedem Fall aber reichen die bisherigen Daten nicht aus, um die Existenz von Monden um diese beiden Exoplaneten eindeutig nachzuweisen, wie Heller und Hippke erklären.
Hohe Falschpositiv-Rate
Hinzu kommt: Die Analysen der Astronomen ergaben, dass Exomond-Suchalgorithmen oft zu falschpositiven Ergebnissen kommen – sie „sehen“ einen Mond, wo keiner ist. Konkret lag die Falschpositiv-Rate für Lichtkurven wie bei Kepler-1626b und Keüpler-1708b bei 10,9 und 2,6 Prozent. „Nach unseren Abschätzungen ist ein falschpositiver Fund daher gar nicht verwunderlich, sondern geradezu zu erwarten“, sagt Heller.
Dennoch sehen die Astronomen die Chance für den echten Nachweis eines Exomonds durchaus positiv. Denn gerade große Exomonde wie für diese beiden Planeten postuliert, müssten ihre Analysen zufolge ein nachweisbares Signal in den Transitdaten hinterlassen. „In diesem Sinne könnte die widerlegten Annahmen von neptun- oder supererdgroßen Exomonden um Kepler-1625b und Kepler-1708b durchaus Vorboten der ersten echten Exomond-Entdeckung sein“, schreibt das Team. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-02148-w)
Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung