Deshalb haben nun Astronomen um Matthew Standing von der University of Birmingham das zirkumbinäre System TOI-1338 noch einmal mit der Radialgeschwindigkeitsmethode ins Visier genommen. Mithilfe der hochauflösenden Spektroskope am Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO in Chile suchten sie im Lichtspektrum des Doppelsternsystems nach periodischen Verschiebungen. Diese verraten den Schwerkrafteinfluss von Planeten auf ihre Sterne und damit auch ihre Masse.
„Tatooine“-planet ist leichter als Biskuit
Die Analysen lieferten gleich zwei Überraschungen. Die erste: Der knapp saturngroße TOI-1338b ist ungewöhnlich leicht für seine Größe. Zwar konnten die Astronomen nur eine Obergrenze für seine Masse bestimmen, diese liegt jedoch bei maximal 22 Erdmassen. „Damit scheint dieser innere Planet eine ungewöhnlich geringe Dichte zu haben: Weniger als 0,39 Gramm pro Kubikzentimeter – das ist luftiger als ein Biskuitkuchen!“, erklärt Standing.
Damit muss es sich bei TOI-1338b um einen Gasplaneten oder zumindest einen Planeten mit einem sehr großen Atmosphärenanteil handeln. „Das könnte es dem James-Webb-Teleskop ermöglichen, die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre von TOI-1338b zu ermitteln“, sagt Standing. „Solche Beobachtungen könnten uns wertvolle Hinweise auf die chemische Umgebung liefern, in der zirkumbinäre Planeten entstehen.“
Es gibt noch einen zweiten Planeten im System
Die zweite Überraschung: Die Astronomen entdeckten im Lichtspektrum eine periodische Schwankung von rund 215,5 Tagen, die weder zum schon bekannten Planeten TOI-1338b noch zu den Bewegungen der beiden Sternenpartner passte. Daraus schließen die Forschenden, dass es in diesem System noch einen zweiten zirkumbinären Planeten geben muss. Dieser zweite Planet, TOI-1338c oder auch BEPOB-1c getauft, umkreist seine Sterne weiter außen als TOI-1338b und ist massereicher als dieser.
„Dies ist damit erst das zweite zirkumbinäre System, das mehr als einen Planeten umfasst“, sagt Koautor David Martin von der Ohio State University. Gleichzeitig ist BEPOB-1c der erste zirkumbinäre Exoplanet, der mithilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode aufgespürt wurde. Den Daten zufolge ist der neu entdeckte Planet rund 65 Erdmassen schwer, dies entspricht etwa 20 Prozent der Jupitermasse. Zwar ist seine Größe noch unbekannt, die Astronomen vermuten aber, dass es sich um einen Gasriesen handelt.
Für weitere Beobachtungen prädestiniert
Damit ist dieses zirkumbinäre Planetensystem gleich in mehrerer Hinsicht außergewöhnlich und spannend, wie die Astronomen erklären. Denn in ihm kreisen nicht nur gleich zwei Planeten auf den riskanten Bahnen um zwei Sterne, die Orbits dieser Exoplaneten weisen auch eine für Beobachtungen günstige Ausrichtung auf: Beide Planeten ziehen von uns aus betrachtet vor ihren Sternen vorüber. „Wenn wir die Rätsel von zirkumbinären, Tatooine-ähnlichen Exo-Atmosphären entschlüsseln wollen, dann könnte das BEPOB-1-System uns dafür neue Hoffnung geben“, konstatieren Standing und sein Team.
Für TOI-1338b wurden solche Transits schon beobachtet, für den neuentdeckten TOI-1338c (BEPOB-1c) steht dies noch bevor. „Bei BEPOB-1c ist es nahezu garantiert, dass es einen Transit geben wird, weil sein Orbit direkt auf unserer Sichtlinie liegt und der primäre Stern relativ groß ist“, erklären Standing und sein Team. „Allerdings können wir bisher nicht vorhersagen, wann und wie oft dies sichtbar sein wird.“
Aber auch beim inneren Planeten TOI-1338b bleibt es spannend: „Von den jetzt 15 bekannten zirkumbinären Exoplaneten ist TOI-1338b der einzige, bei dem das James-Webb-Teleskop spektroskopische Messungen durchführen kann“, erklären die Astronomen. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-01948-4)
Quelle: University of Birmingham
13. Juni 2023
- Nadja Podbregar