Gemeinsame Geburt: Astronomen haben einen Stern entdeckt, der ein echter Zwilling der Sonne sein könnte. Er ist unserem Heimatstern nicht nur extrem ähnlich, wahrscheinlich wurde er auch in derselben Gaswolke geboren wie sie. Erst durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße wurden die stellaren Geschwister getrennt, so dass der Sonnenzwilling HD186302 nun 184 Lichtjahre entfernt liegt. Besitzt er Planeten, könnte es dort sogar eine „Erde 2.0“ geben.
Heute ist unsere Sonne ein Einzelgänger. Doch das war nicht immer so: Wie die meisten Sterne wurde auch sie in einer Sternenwiege zusammen mit tausenden anderen geboren. Eng gedrängt entstanden in dieser Gaswolke die Sonne und ihre Geschwister – möglicherweise war unser Heimatstern sogar einst Teil eines Doppelsystems. Doch Gezeitenkräfte der Milchstraße rissen im Laufe der Zeit diesen Sternenhaufen auseinander. Die stellaren Geschwister wurden dadurch in der gesamten Galaxie verteilt, auch unsere Sonne ist gewandert.
Fahndung nach den verlorenen Geschwistern
Doch wo sind die Geschwister der Sonne heute? Astronomen fahnden schon seit einigen Jahren nach ihnen. „Solche solaren Geschwister zu finden ist aus mehreren Gründen wichtig“, erklären Vardan Adibekyan vom portugiesischen Institut für Astrophysik und seine Kollegen. „Es könnte uns helfen, den Ursprung unserer Sonne besser zu verstehen und ihren Geburtsort und seine Bedingungen einzugrenzen. Planeten um solche Sterne liefern zudem wertvolle Informationen über die Planetenbildung – und sie wären gute Kandidaten für die Suche nach Leben.“
Um diese Sterne zu finden, suchen Astronomen nach Sternen, deren Alter und chemische Zusammensetzung dem der Sonne stark ähnelt. Denn alle solaren Geschwister tragen bis heute den chemischen Fingerabdruck der Urwolke mit sich, aus der sie einst entstanden. Im Projekt AMBRE durchmusterten Adibekyan und sein Team daher die Lichtspektren von rund 17.000 Sternen.
Zwillingsschwester entdeckt
Und sie wurden fündig: Unter allen stellaren Kandidaten entdeckten sie zwölf Sterne, deren chemische Zusammensetzung der der Sonne stark ähnelte. Vier davon hatten zudem in etwa das gleiche Alter wie unser Heimatstern, aber nur zwei von ihnen stimmten auch in der Zusammensetzung ihrer Kohlenstoff-Isotope mit unserer Sonne überein, wie die Forscher berichten. Als sie dann noch die mögliche Bahn und Lage der Sterne analysierten, blieb ein Stern übrig: HD186302.
Dieser Stern ist geradezu verblüffend sonnenähnlich: HD186302 entspricht nicht nur in Alter und chemischer Zusammensetzung ziemlich genau unserem Heimatstern, er ähnelt ihr auch äußerlich. Denn er ist fast gleichgroß und nur ein wenig kühler als sie, wie die Astronomen berichten. Das spricht dafür, dass HD186302 nicht nur im gleichen Sternenhaufen wie unsere Sonne geboren wurde – er ist auch noch ihr Zwilling. Zudem liegt HD186302 nur 184 Lichtjahre von uns entfernt – in galaktischen Maßstäben ist das ziemlich nah.
Mit der Sonne geboren
Nach Ansicht der Astronomen ist es durchaus wahrscheinlich, dass der neuentdeckte Sonnenzwilling einst im selben Sternenhaufen wie unsere Sonne geboren wurde. Er könnte damit einer der wenigen bisher identifizierten echten Geschwister der Sonne sein. Die nähere Untersuchung dieses Sonnenzwillings kann den Astronomen nun mehr über die Kinderstube unseres Heimatsterns, aber auch das weitere Schicksal der solaren Geschwister verraten.
Spannend auch: Nach der Theorie der Panspermie könnten die Bausteine des Lebens und vielleicht sogar erste primitive Lebensformen mit Asteroiden und interstellarem Staub von einem Planetensystem zum anderen gelangen. Der beste Zeitpunkt dafür wäre in der Jugend eines Sterns, wenn er noch dichtgedrängt mit seinen Geschwistern im Sternenhaufen liegt und seine Staubscheibe allmählich die Planeten bildet.
Hat der Sonnenzwilling eine Erde 2.0?
„Wenn wir Glück haben und HD186302 einen Planeten besitzt, der erdähnlich ist und in der habitablen Zone liegt, und wenn dieser dann auch noch mit Lebensbausteinen von der Erde ‚kontaminiert worden ist, dann könnte ein Traum in Erfüllung gehen: Eine Erde 2.0, die um eine Sonne 2.0 kreist“, sagt Adibekyan. Er und sein Team planen bereits, mit den Spektrografen der Europäische Südsternwarte (ESO) nach Planeten um den neuentdecken Sonnenzwilling zu suchen. (Astronomy & Astrophysics, 2018; doi: 10.1051/0004-6361/201834285)
(Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço,, 22.11.2018 – NPO)