Medizin

Unerkannter „Mittäter“ bei der Akne

Reaktion der Haut-Bindegewebszellen eröffnet neuen Ansatz für die Akne-Therapie

Akne-Pustel
Mikroskopischer Querschnitt durch einen Akne-Pickel. Zellkerne sind blau, zu Fettzellen umgewandelte Bindegewebszellen grün und die von ihnen produzierte antimikrobielle Substanz rot eingefärbt. © UC San Diego Health Sciences

Hoffnung für Pickel-Geplagte: Forscher haben einen zuvor unerkannten „Mittäter“ bei der Akne-Entstehung entdeckt – und damit einen neuen Ansatz für Therapien. Demnach sind neben den Haarfollikeln und den entzündungsauslösenden Bakterien auch Bindegewebszellen der Haut an der Pickelentstehung beteiligt. Diese Fibroblasten reagieren auf die Mikroben mit einer Umwandlung in Fettzellen, was die Akne antreibt. Gleichzeitig jedoch können diese Zellen auch eine antibakterielle Substanz freisetzen.

Pickel, Pustel und hässliche Narben: Millionen Jugendliche und junge Erwachsene weltweit werden von Akne geplagt. Diese Hauterkrankung entsteht, wenn Bakterien der Art Cutibacterium acnes sich in den Haarfollikeln der Haut vermehren und Entzündungen auslösen. Warum das bei nahezu jedem Menschen in der Haut vorkommende, eigentlich harmlose Bakterium aber bei manchen Menschen Akne auslöst, bei anderen dagegen nicht, ist bislang rätselhaft.

Akne
Akne tritt besonders oft im Teenager-Alter auf. © bluecinema/ Getty images

Fibroblasten im Blick

Auf der Suche nach einer Erklärung haben sich Alan O’Neill von der University of California in San Diego und sein Team nicht die Haarfollikel selbst angeschaut, sondern einen anderen Typ von Hautzellen: Fibroblasten. Dabei handelt es sich um Bindegewebszellen, die überall in der Haut vorkommen. Schon früher hatten Laborversuche gezeigt, dass diese Hautzellen auf andere Bakterien wie Staphylococcus aureus mit einer Transformation reagieren: Sie wandeln sich in die Vorstufen von Fettzellen um.

Das Entscheidende jedoch: Die solcherart umgewandelten Hautzellen setzen Cathelicidin frei, eine antimikrobielle Substanz, die die Vermehrung der Staphylokokken hemmt. „Diese Funde legen nahe, dass Fibroblasten im subepithelialen Gewebe eine wichtige, aber bisher unterschätzte Rolle für die Immunabwehr spielen“, erklären O’Neill und seine Kollegen. Sie wollten daher wissen, wie diese Hautzellen bei der Akne reagieren.

Für ihre Studie untersuchte das Team Hautproben, die sie Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Akne entnommen hatten. Parallel dazu führten sie Tests an Mäusen durch, die an einer akneähnlichen Hauterkrankung litten.

Akne-Erreger lösen Abwehrreaktion aus

Und tatsächlich: Die Analysen enthüllten, dass an der akuten Akne nicht nur Haarfollikel und Bakterien beteiligt sind – auch die Fibroblasten spielen eine wichtige Rolle. „Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass sich bestimmte Untergruppen der Fibroblasten bei der Akne in Fettzellen umwandeln“, berichten die Forschenden. Auslöser für diese sogenannte Adipogenese ist die Reaktion der Bakterien mit einem Rezeptor der Hautzellen.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass diese umgewandelten Fibroblasten vor allem in akuten Aknepusteln vorkommen – und dort offenbar versuchten, gegen die Mikroben und ihren entzündlichen Effekt anzukämpfen. „Diese Zellen produzierten in Reaktion auf Cutibacterium acnes große Mengen an Cathelicidin“, berichtet O’Neill. Das bestätigt, dass die Zellen an einer Verteidigung der Haut gegen die Akne-Erreger beteiligt sind.

Hemmend und fördernd zugleich

Das Problem jedoch: Das Cathelicidin wirkt zwar hemmend auf die Bakterien, gleichzeitig jedoch heizt die Präsenz der zu Fettzellen umgewandelten Fibroblasten die Vermehrung der Keime noch stärker an, wie Versuche ergaben. „Sie deuten darauf hin, dass das Wachstum von C. acnes von der Lipidsynthese profitiert, die mit der Adipogenese verknüpft ist“, so das Team. Welcher dieser beiden Effekte der Fibroblasten-Umwandlung überwiegt, könnte demnach entscheidend dafür sein, ob sich eine akute Akne-Läsion entwickelt oder nicht.

Dies wiederum eröffnet einen neuen Ansatz für wirksamere Therapien gegen Akne. Denn wenn es gelingt, die Fettbildung zu hemmen, aber gleichzeitig die Cathelicidin-Ausschüttung anzuregen, könnte dies die Akne-Pusteln beseitigen oder gar nicht erst entstehen lassen. Eine erste Bestätigung dafür lieferte den Forschenden ein Test mit einem bereits zur Behandlung schwerer Akne eingesetzten Retinoid. „Diese Mittel sollen Akne lindern, indem sie die Talgdrüse dazu bringen, weniger Talg zu produzieren“, erklären sie.

Ansatz für wirksamere Akne-Therapien

Wie die Analysen enthüllten, beeinflussen diese Retinoide nicht nur die Talgdrüsen, sondern auch das Verhalten der umgewandelten Fibroblasten: Sie setzen mehr Cathelicidine frei und produzierten weniger Lipide. Diese bisher unerkannte Wirkung der Akne-Mittel trägt nach Ansicht der Forschenden entscheidend zur Heilung der entzündeten Pusteln bei und verhindert die Bildung neuer. Allerdings verursachen Retinoide erhebliche Nebenwirkungen und werden daher nur bei sehr schwerer Akne eingesetzt.

Doch das Wissen um die wichtige Rolle der Fibroblasten und ihres Cathelicidins eröffnet nun aber die Chance, andere, verträglichere Wirkstoffe zu finden: „Unsere Ergebnisse könnten dabei helfen, neue Therapie-Optionen zu identifizieren, die spezifisch die Cathelicidin-Produktion der Fibroblasten anregen“, sagt O’Neill. „Das könnte zu Akne-Mitteln führen, die selektiver wirken und weniger schädliche Nebenwirkungen haben.“

Ähnlich sieht es O’Neills Kollege Richard Gallo: „Diese Erkenntnisse könnten die Art und Weise transformieren, wie wir Akne behandeln“, so der Dermatologe. (Science Translational Medicine, 2022; doi: 10.1126/scitranslmed.abh1478)

Quelle: University of California – San Diego

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