Schützendes Erbe: Alte Väter vererben besonders lange Telomere – und damit eine wichtige Voraussetzung für ein langes Leben. Wie eine Studie nun bestätigt, geht eine späte Vaterschaft mit verlängerten Schutzkappen an den Chromosomen der Kinder und Enkelkinder einher. Sogar der Großvater mütterlicherseits beeinflusst demnach die Länge dieser schützenden Strukturen. Was dies jedoch konkret für die Gesundheit und die Lebenserwartung der Nachkommen bedeutet, muss noch geklärt werden.
Jedes Mal, wenn sich eine Körperzelle teilt, verlieren die in ihr liegenden Chromosomen einen Teil ihrer schützenden Kappen – der sogenannten Telomere. Wenn diese Schutzkappen nach vielen Zellteilungen irgendwann eine bestimmte Länge unterschreiten, kann sich die Zelle nicht mehr teilen. Sie wächst nicht mehr oder stirbt ganz ab. Dieser Prozess ist wesentlich verantwortlich dafür, dass wir altern.
Grundsätzlich gilt: Je älter ein Mensch ist, desto kürzer sind die Telomere seiner Chromosomen. Doch es gibt eine Ausnahme – bei Spermienzellen werden die Schutzkappen mit zunehmendem Alter sogar immer länger. Vermutlich liegt dies an einer besonders hohen Aktivität des Enzyms Telomerase, das die Endstücke der Chromosomen wiederherstellen kann.
Telomerlänge im Blick
Ausgehend von dieser Beobachtung haben Wissenschaftler um Dan Eisenberg von der University of Washington in Seattle bereits vor einigen Jahren einen interessanten Zusammenhang aufgedeckt: Männer, die erst spät Vater werden, vererben ihren Kindern besonders lange Telomere. Dies enthüllten Untersuchungen bei Familien auf den Philippinen.
Um mehr über den damals beobachteten Effekt herauszufinden, hat das Forscherteam nun eine zweite Studie durchgeführt. Dafür untersuchten Eisenberg und seine Kollegen erneut Versuchspersonen aus dem Pazifik-Staat. Mit insgesamt 3.282 Teilnehmern war die Probandengruppe diesmal jedoch deutlich größer als zuvor und deckte zudem gleich vier Generationen ab.
Über zwei Generationen hinweg
Die Wissenschaftler dokumentierten für ihre Studie die Familiengeschichte der Studienteilnehmer und bestimmten die Länge der Telomere in deren Körperzellen mithilfe von Blutproben. Die Auswertungen bestätigten: Die Telomerlänge einer Person hing signifikant mit dem Alter ihres Vaters zum Zeitpunkt der Zeugung zusammen.
Doch nicht nur das: Auch der Großvater hatte einen spürbaren Einfluss auf die Telomerlänge – sowohl der von der väterlichen als auch der von der mütterlichen Seite. War der Opa erst spät Vater geworden, hatten demnach auch seine Enkel längere Telomere. Dieser Zusammenhang war in der vorausgegangenen Studie nur für den Großvater väterlicherseits nachgewiesen worden.
Die Mutter spielt keine Rolle
Die Forscher vermuten sogar, dass sich dieser Einfluss über noch mehr Generationen hinweg bemerkbar machen könnte. „Dies konnten wir mit unseren Analysen zwar nicht eindeutig belegen“, erklären sie. Dies aber liege vermutlich nur an der zu geringen statistischen Aussagekraft der Daten in diesem Zusammenhang. „Wir vermuten, dass größere Studien diese Effekte in Zukunft zeigen werden.“
Weitere Untersuchungen offenbarten, dass das Alter der Mutter dagegen keinen Einfluss auf die Telomerlänge hatte. Auch viele andere Einflussgrößen wie das Alter des Kindes oder seine Lebensumstände wirkten sich nicht auf den Zusammenhang zwischen der Telomerlänge und dem Alter des Vaters aus. „Diese Ergebnisse zeigen, dass die Telomerlänge das Fortpflanzungsalter der Väter und Großväter widerspiegelt“, konstatiert das Team.
Vorteile unklar
Was bedeuten diese Ergebnisse nun? Klar ist: Zellen mit langen Telomeren verfügen über ein größeres Regenerationspotenzial – alte Väter vererben ihren Kindern und Enkelkindern demnach eine wichtige Voraussetzung für ein langes und gesundes Leben. Umgekehrt ist allerdings bekannt, dass eine späte Vaterschaft auch mit gewissen Risiken verbunden ist. So leiden Kinder alter Väter zum Beispiel deutlich häufiger an psychischen Erkrankungen.
Inwiefern sich die längeren Schutzkappen tatsächlich auf die Gesundheit und Lebenserwartung der Kinder und Kindeskinder auswirken, muss in Zukunft genauer erforscht werden. „Weitere Untersuchungen sollten nachvollziehen, welche Fitnesseffekte die veränderte Telomerlänge auf die Nachkommen hat“, so das Fazit des Teams. (Proceedings of the Royal Society B, 2019; doi: 10.1098/rspb.2019.0800)
Quelle: Royal Society