Überraschender Fund: In unserem Kleinhirn haben Forscher einen zuvor unbekannten Regler für unseren Appetit entdeckt. Der Schaltkreis sendet ein Signal, das Sattheit anzeigt und die Nahrungsaufnahme beendet. Das Spannende daran: Dieses Kleinhirn-Signal übertönt selbst Hungersignale anderer Appetitzentren im Gehirn und funktioniert auch bei einer Diät. Damit könnten diese Neuronen einen neuen Therapieansatz für Menschen mit mangelnder Appetitkontrolle bieten.
Das Wechselspiel von Hunger und Sättigung basiert auf einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Organe, Hormone und neuronaler Schaltkreise. Dabei fragen Sensoren den Blutzuckerspiegel und Energiestatus ab und aktivieren unter anderem das Appetitzentrum im Hypothalamus sowie weitere Hirnareale. Diese steuern unser Hungergefühl, reagieren aber auch auf Signale von Darm und Galle, die Völle und Kaloriennachschub anzeigen.
Das Problem jedoch: Bisher haben Therapien, die an diesen Akteuren unserer Appetitregulation ansetzten, eher enttäuschende Ergebnisse erbracht. Zwar können bestimmte Wirkstoffe den Appetit zügeln und ein Sättigungsgefühl hervorrufen. Meist aber haben sie deutliche Nebenwirkungen oder ihre Wirkung hält nicht auf Dauer an – beispielsweise, weil sich unser Gehirn anpasst. „Wirkstoffe, die am Hypothalamus oder Hinterhirn ansetzen, sind offensichtlich keine guten Helfer gegen Übergewicht“, sagt Seniorautor Nicholas Betley von der University of Pennsylvania.
Unerwarteter Fund im Kleinhirn
Doch nun haben Betley und sein Team einen ganz neuen Akteur im Ensemble der Appetit-Kontrolleure entdeckt. Für ihre Studie hatten sie mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) untersucht, wie das Gehirn von Patienten mit dem Prader-Willi-Syndrom auf Essensreize reagiert. Bei dieser Krankheit löst ein Gendefekt unstillbaren Hunger ohne Sättigungsgefühl aus. Betley, Erstautor Aloysius Low und ihre Kollegen verglichen die Hirnaktivität dieser Patienten mit der gesunder Kontrollpersonen.