Nicht nur ein Mütter-Ding: Auch frischgebackene Väter können eine postnatale Depression entwickeln. Entgegen der gängigen Annahme tritt diese Form der psychischen Erkrankung bei Männern tatsächlich sogar ähnlich häufig auf wie bei Frauen, wie Psychologen nun berichten. Sie fordern daher ein Umdenken – und eine bessere Betreuung junger Väter.
Wenn ein Kind auf die Welt kommt, ist die Freude erst einmal groß. Die Anstrengungen von Schwangerschaft und Geburt sind überstanden, die Familie ist glücklich. Trotzdem rutschen viele Mütter in den ersten Tagen nach der Entbindung in ein Stimmungstief ab. Sie weinen viel, sind empfindlich und verstimmt.
Dieser „Babyblues“ trifft fast jede zweite Frau und wird als Anpassungsreaktion auf die veränderte hormonelle Situation gesehen. Halten die Symptome aber an oder treten sie erst mehrere Wochen oder Monate nach der Geburt auf, kann das auf eine beginnende postnatale Depression hindeuten. Doch auch wenn diese Form der Depression als typische Erkrankung der Mutter gilt: Inzwischen mehren sich die Hinweise darauf, dass auch Väter davon betroffen sein können.
Hormone und Schlafmangel
Wie Psychologen um Dan Singley vom Center for Men’s Excellence in San Diego nun auf einer Tagung der American Psychological Association berichten, erkranken Männer tatsächlich sogar ähnlich häufig daran wie ihre Partnerinnen. „Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass rund zehn Prozent der frischgebackenen Väter unter postnatalen Depressionen leiden und 18 Prozent irgendeine Form von Angststörung entwickeln“, sagt Singley.
Erklärungen für dieses Phänomen gibt es viele. So ist mittlerweile etwa bekannt, dass sich auch im Körper von Männern einiges verändern kann, wenn sie Vater werden – zum Beispiel sinkt der Testosteronspiegel. Die Hormone seien aber nicht alles, betonen die Wissenschaftler. Demnach belegen Studien: Ein weiterer wesentlicher Faktor ist Schlafmangel. Wenn das Baby nachts schreit und die Eltern nicht zur Ruhe kommen, kann das auch psychische Folgen haben.
Umdenken nötig
Die postnatale Depression sei keineswegs nur eine Krankheit der Frauen – in dieser Hinsicht müsse bei Medizinern und in der Öffentlichkeit endlich ein Umdenken stattfinden, fordern Singley und seine Kollegen. Ihr Rat: Werdende und frischgebackene Väter sollten regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen gehen, damit eine sich anbahnende Depression möglichst schnell erkannt werden kann.
Zudem kann ihnen zufolge auch ein stabiles soziales Netzwerk dem Babyblues und einer ernsthaften psychischen Störung entgegenwirken. „Unterstützung durch Freunde und Familie wirkt wie ein Puffer, der die Belastung abfängt“, schließt Singley. (American Psychological Association’s, 126th Annual Convention Meeting)
(American Psychological Association, 10.08.2018 – DAL)