Hormonflut im Mutterleib: Wenn Jungen im Mutterleib erhöhten Werten des Geschlechtshormons Östrogen ausgesetzt sind, kann dies offenbar ihr Risiko für Autismus fördern, wie eine Studie nahelegt. Demnach gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen hohen Östrogenwerten im Fruchtwasser und dem späteren Autismus der Kinder. Die Forscher vermuten, dass der Hormoneinfluss die Hirnentwicklung beeinflusst und so die Neigung zu dieser Entwicklungsstörung verstärkt.
Zwischen einem und drei Prozent der Kinder sind von einer autistischen Entwicklungsstörung betroffen – Jungen deutlich häufiger als Mädchen. Die Ursachen dafür sind bisher jedoch erst in Teilen bekannt. Klar scheint, dass neben einer genetischen Veranlagung auch Umwelteinflüsse für eine Entstehung des Autismus verantwortlich sind. Im Verdacht stehen unter anderem vorgeburtliche Belastungen durch Pestizide, Arzneimittel wie Antidepressiva, aber auch eine Herpesinfektion der Mutter.
Steroidhormone beeinflussen Hirnentwicklung
Einen weiteren Einflussfaktor könnten nun Simon Baron-Cohen von der University of Cambridge und seine Kollegen identifiziert haben. Bereits vor einigen Jahren hatten sie erste Hinweise darauf gefunden, dass ein Überschuss männlicher Geschlechtshormone im Mutterleib Autismus fördern könnte. Diese Steroidhormone sorgen nicht nur für die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale beim Ungeborenen, sie beeinflussen auch die Hirnentwicklung.
Doch sie sind nicht die einzigen: „Auch pränatale Östrogene tragen zur Entwicklung des Fötus und seines Gehirns entscheidend bei“, erklären die Forscher. Zudem sind diese weiblichen Geschlechtshormone chemisch eng mit ihren männlichen Gegenparts verwandt und können sich ineinander umwandeln. Für ihre Studie analysierten die Forscher daher den Gehalt von Östriol, Östradiol, Östron und Östronsulfat in Fruchtwasserproben von 98 Jungen, die später an Autismus erkrankt waren. Diese verglichen sie mit den vorgeburtlichen Proben von 177 gesunden Jungen.