Pflanzlicher Blutzuckersenker: Extrakte aus dem Ayurveda-Kraut Withania coagulans könnten sich als neues Mittel gegen Diabetes erweisen. Wie Experimente mit Mäusen nahelegen, kurbeln die Pflanzeninhaltsstoffe die Insulinproduktion an und verbessern dadurch die Blutzuckerwerte. Nutzbar werden die Extrakte dabei erst dank einer speziellen Polymerverpackung. Sie stellt sicher, dass die Wirkstoffe nicht von der Magensäure zerstört werden und erst nach und nach im Körper freigesetzt werden.
Auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für Diabetes stoßen Forscher immer wieder im Reich der Pflanzen auf potenzielle Wirkstoffe. Neben grünen Kaffeebohnen, Hopfen oder Brokkoli werden zum Beispiel auch dem Nachtschattengewächs Withania coagulans antidiabetische Eigenschaften nachgesagt. Diese unter anderem in Indien heimische Pflanze ist in der traditionellen Heilkunst Ayurveda ein seit langem bekanntes Medizinkraut. Ob Withania coagulans jedoch tatsächlich als Diabetes-Mittel taugt, war bislang unklar.
Um dies herauszufinden, haben Kaarunya Sampathkumar von der Technischen Universität Nanyang in Singapur und ihre Kollegen nun Extrakte aus der Pflanze genauer unter die Lupe genommen. Dabei erwiesen sich bestimmte, aus den Beeren des Gewächses gewonnene Steroidverbindungen in ersten Tests tatsächlich als vielversprechend. So zeigte sich: Diese Extrakte kurbelten im Zellversuch die Insulinproduktion des blutzuckersenkenden Hormons Insulin in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse an. Bei Diabetes ist die Funktion dieser Zellen oftmals gestört – sie produzieren irgendwann nur noch wenig oder gar kein Insulin mehr.
Schutzhülle aus Chitosan und Stärke
Doch lässt sich diese Wirkung des Ayurveda-Krauts für ein Medikament nutzen? Wie das Wissenschaftlerteam berichtet, schmeckt Withania coagulans nicht nur sehr bitter und wäre in den benötigten Dosen ungenießbar. Die nützlichen Bestandteile der Pflanzen werden darüber hinaus auch durch die Magensäure angegriffen – sie verlieren somit womöglich ihre Wirkung, bevor sie den Zielort im Körper überhaupt erreichen.
Eine mögliche Lösung für diese Probleme: Die Extrakte könnten von einer Kapsel umhüllt werden, um sie geschmacklich attraktiver zu machen und vor den zerstörerischen Effekten der Magensäure zu schützen. Zu diesem Zweck verpackten die Forscher die Pflanzenextrakte in Nanopartikel aus dem aus der Schale von Krebstieren gewonnenen Biopolymer Chitosan. Diese beschichteten sie wiederum mit Stärke, um die Freisetzung der Extrakte unter sauren Bedingungen zu verzögern.
Blutzuckerspiegel sinkt deutlich
Wie die derart verpackten Krautextrakte wirkten, testeten Sampathkumar und ihr Team mit an Diabetes erkrankten Mäusen. Die Nager bekamen die Nanopartikel fünf Tage lang über das Futter verabreicht – mit durchschlagendem Effekt: Im Vergleich zu ihren Ausgangswerten sank der Blutzuckerspiegel der Tiere im Verlauf der Behandlung im Schnitt um 40 Prozent.
Noch überraschender aber: „Diese blutzuckersenkende Wirkung hielt sogar nach Ende der Therapie an“, berichten die Wissenschaftler. Fünf Tage nach dem Behandlungsstopp waren die Blutzuckerwerte schließlich sogar um 60 Prozent gesunken, wie die Untersuchungen ergaben. Diese Ergebnisse deuten dem Team zufolge darauf hin, dass die Extrakte dank der Polymerverpackung den Magen unbeschadet passierten und erst nach und nach im Dünndarm freigesetzt und aufgenommen wurden.
Damit hat sich wieder einmal ein Stoff aus der Apotheke der Natur als Wirkstoff-Kandidat zur Behandlung von Diabetes erwiesen. Inwiefern Patienten in Zukunft von den Extrakten aus Withania coagulans profitieren können, müssen weitere Studien jedoch erst noch zeigen. (ACS Omega, 2019; doi: 10.1021/acsomega.9b00823)
Quelle: American Chemical Society