Pflanzenfett im Zwielicht: Sojaöl kann womöglich weitreichende Veränderungen im Gehirn auslösen. Wie Experimente mit Mäusen nahelegen, beeinflusst dieses Pflanzenfett die Aktivität von rund 100 Genen im Hypothalamus. Damit könnte eine Sojaöl-reiche Ernährung nicht nur Übergewicht und Diabetes fördern. Womöglich spielt das Fett auch eine Rolle für neurologische Veränderungen, die mit Autismus, Depressionen und Co in Verbindung stehen.
Sojaöl ist weltweit das am zweithäufigsten produzierte Pflanzenöl – nach Palmöl und vor Rapsöl. Das aus der Sojabohne gewonnene Fett wird unter anderem für Biokraftstoff und Kosmetik genutzt, sein Hauptanwendungsbereich aber sind Lebensmittel. So kommt es zum Beispiel für Salatöl, Backfett und Margarine zum Einsatz.
Vor allem in den USA ist Sojaöl das am meisten verwendete Pflanzenöl in der Küche. Doch auch in Deutschland gibt es inzwischen Salatöle und Margarinen auf Sojabasis zu kaufen. Wie gesund aber sind solche Produkte? Während Sojaöl in der Werbung oft als „gutes Fett“ angepriesen wird, haben Mediziner inzwischen einige Bedenken. Denn Studien legen nahe, dass dieses Öl die Entstehung von Übergewicht und Diabetes fördern kann.
Hypothalamus im Blick
Um mehr über die gesundheitliche Wirkung von Sojaöl herauszufinden, haben Poonamjot Deol von der University of California in Riverside und ihre Kollegen nun einen Test mit Mäusen gemacht. Für ihre Studie verglichen die Forscher drei unterschiedliche, fettreiche Ernährungsweisen: Eine Nager-Gruppe bekam normales Sojaöl mit dem Futter verabreicht, eine andere ein spezielles Sojaöl mit weniger Linolsäure und eine dritte Gruppe erhielt stattdessen Kokosöl. Zudem wurden einige Mäuse als Kontrollgruppe insgesamt fettarm ernährt.
Konkret interessierte die Wissenschaftler, ob sich bei den tierischen Probanden Effekte auf den Hypothalamus zeigten. „Dieser Hirnbereich beeinflusst unter anderem den Stoffwechsel, reguliert die Körpertemperatur und ist wichtig für Fortpflanzung, Wachstum und Reaktionen auf Stress“, erklärt Deols Kollegin Margarita Curras-Collazo.
Rund 100 Gene betroffen
Tatsächlich offenbarten die Ergebnisse: Bei mit Sojaöl gefütterten Mäusen schien die Aktivität bestimmter Gene im Hypothalamus verändert zu sein. Konkret stellten die Forscher Veränderungen bei rund 100 Genen fest – darunter DNA-Abschnitte, die für die Produktion des „Kuschelhormons“ Oxytocin zuständig sind. So ging die Konzentration dieses Botenstoffs bei betroffenen Nagern zurück.
Den Wissenschaftlern zufolge betreffen die offenbar durch die Sojaöl-reiche Ernährung ausgelösten Effekte demnach nicht nur den Energiestoffwechsel – also Prozesse, die sich auf das Risiko für Übergewicht und Diabetes auswirken könnten. Womöglich spielen sie auch eine Rolle für die Hirnfunktion generell und neurologische Erkrankungen wie Autismus, Parkinson, Depressionen oder Alzheimer.
Welche Inhaltsstoffe sind verantwortlich?
„Sojaöl hat einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren – und dem gängigen Dogma nach sind ungesättigte Fettsäuren gut und gesättigte schlecht. Aber es ist schlicht nicht erwiesen, dass Sojaöl der Gesundheit guttut“, konstatiert Deols Kollegin Frances Sladek. Tatsächlich beobachteten die Forscher bei den mit Kokosöl gefütterten Mäusen keine vergleichbaren Effekte auf den Hypothalamus: Obwohl es reich an gesättigten Fettsäuren ist, schien dieses Öl den Mäusen genauso wenig zu schaden wie eine insgesamt fettarme Ernährung.
Weitere Studien müssen nun zeigen, was diese Beobachtungen konkret bedeuten. Denn zum einen lassen sich die Ergebnisse aus den Tierversuchen nicht automatisch auf den Menschen übertragen. Zum anderen ist noch völlig unklar, welche Bestandteile des Sojaöls für die epigenetischen Veränderungen im Gehirn verantwortlich sind. Lediglich Linolsäure und eine weitere Verbindung können die Wissenschaftler bereits ausschließen, da beide getesteten Sojaöl-Varianten ähnliche Folgen hatten.
Forschung für gesündere Öle
Die potenziell schädlichen Verbindungen im Sojaöl zu identifizieren, ist Deols Team zufolge ein wichtiger nächster Schritt ihrer Forschung. „Denn mit diesem Wissen könnten sich in Zukunft gesündere Öle herstellen lassen“, sagt Sladek.
Bis mehr über die gesundheitliche Wirkung des Sojaöls bekannt ist, raten die Forscher, den Konsum dieses Fetts zu reduzieren. Für Sojamilch, Sojasoße oder andere Sojaprodukte gelte diese Empfehlung dagegen nicht. „Unsere Erkenntnisse beziehen sich ausschließlich auf Sojaöl. Viele Sojaprodukte enthalten aber nur geringe Mengen des Öls“, betont das Team. (Endocrinology, 2002; doi: 10.1210/endocr/bqz044)
Quelle: University of California Riverside