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Medizin

Bluttest sagt mehr als 60 Krankheiten voraus

Proteine im Blut könnten Früherkennung und Prävention von Krebs, Herzleiden und Co verbessern

Blutproben
Eine Analyse der im Blut enthaltenen Proteine kann das Risiko für 67 Krankheiten besser vorhersagen als gängige klinische Methoden. © undefined/ iStock

Eine Blutprobe reicht: Ein neuer Bluttest kann unser Risiko für 67 verschiedene Krankheiten vorhersagen – besser als gängige Diagnosemaßnahmen. Möglich wird dies, weil das Blutplasma tausende Proteine enthält, deren Menge und Art durch Krankheiten und deren Vorstufen verändert sind. Für ihren Test haben Forschende jeweils fünf bis 20 Blutproteine identifiziert, die als Anzeiger der entsprechenden Krankheit dienen können. Ein solcher Test könnte die Früherkennung und Diagnose erheblich erleichtern, so das Team in „Nature Medicine“.

Unser Blut enthält nicht nur rote Blutkörperchen, Blutplättchen und diverse Immunzellen – das Blutplasma transportiert auch unzählige Botenstoffe, DNA-Fragmente und Proteine durch unseren Körper. Dieser Molekül-Cocktail kann einiges über den Zustand unserer Organe und unserer Gesundheit verraten. Wissenschaftler arbeiten daher schon länger an Bluttests, die neben den klassischen Blutwerten auch Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer erkennen.

Blutproteine als Krankheits-Vorzeichen

Jetzt kommt ein neuer Bluttest-Kandidat hinzu. Er nutzt die im Blut schwimmenden Proteine, um das Risiko für 67 verschiedene Krankheiten vorherzusagen, darunter verschiedene Blutkrebsarten wie das Multiple Myelom oder das Non-Hodgkin-Lymphom, aber auch andere Krebsarten, COPD, Leber- und Nierenerkrankungen, Rheuma, Motoneuron-Krankheiten oder zystische Fibrose. Für ihre Studie wertete das Team um Julia Carrasco-Zanini von der Queen Mary University in London mehr als 2.900 verschiedene Proteine in rund 40.000 zufällig ausgewählten Blutproben der UK Biobank aus.

Der Clou dabei: Für jeden Spender dieser Blutproben ist in dieser Datenbank auch der Gesundheitszustand vor, während und für bis zu zehn Jahre nach der Probennahme erfasst. Mithilfe spezieller Analyseprogramme und Algorithmen suchten die Forschenden nach Blutproteinen, die spezifisch mit einer der Krankheiten verknüpft sind. Dann testeten sie, ob diese Indikatorproteine schon ausreichen, um das Auftreten der Krankheit ähnlich gut oder besser vorherzusagen als gängige klinische Methoden.

Detektionsraten
Detektionsraten für gängige klinische Verfahren (grau) und bei Einsatz des Bluttests (orange) bei verschiedenen Krankheiten im Vergleich. © Carrasco-Zanini et al./ Nature Medicine, CC-by 4.0

Besser als gängige klinische Tests

Das Ergebnis: „Für 163 Krankheiten reichten schon fünf Proteine aus, um genauso gut wie die klinischen Modelle abzuschneiden – ohne dass weitere Gesundheitsinformationen benötigt wurden“, berichten Carrasco-Zanini und ihre Kollegen. „Bei 67 häufigen und seltenen Krankheiten verbesserte die Auswertung von fünf bis 20 Blutproteinen die klinischen Modelle signifikant.“ Dazu gehören unter anderem das Multiple Myelom, das Non-Hodgkin-Lymphom, Motoneuronen-Krankheit, Lungenfibrose und dilatative Kardiomyopathie.

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Die Detektionsrate war bei diesen Krankheiten teilweise doppelt so hoch wie allein mithilfe der gängigen Untersuchungen und Biomarker. „Mehrere unserer Proteinsignaturen schnitten ähnlich oder sogar besser ab als Proteine, die bereits auf ihr Potenzial als Screening-Tests getestet wurden, wie beispielsweise das prostataspezifische Antigen für Prostatakrebs“, erklärt Carrasco-Zanini. Besonders groß war die Verbesserung gegenüber gängigen Diagnosemethoden bei verschiedenen Krebsarten, bei Zöliakie, Lebererkrankungen und einigen Herzleiden.

Es gab allerdings auch einige Krankheitsbilder, bei denen die Proteintests nur wenige Vorteile gegenüber bestehenden Methoden brachten, wie das Team einräumt. Dazu gehörten unter anderem bakterielle Infekte, gutartige Darmpolypen, Osteoporose oder der Graue Star. „Diese Krankheiten erfordern Proben aus anderen Geweben oder komplett andere Ansätze, um besser vorhergesagt zu werden“, erklären Carrasco-Zanini und ihre Kollegen.

„Ein Riesenschritt“

Nach Ansicht des Forschungsteams eröffnet ihre proteinbasierte Blutdiagnostik dennoch neue Chancen, viele Krankheiten und ihre Vorstufen schneller und früher zu erkennen. „Diese Arbeit zeigt, wie vielversprechend der Einsatz groß angelegter Proteomik-Technologien ist, um Personen mit hohem Risiko für eine Vielzahl von Krankheiten zu identifizieren“, sagt Koautor Robert Scott von GlaxoSmithKline. Das Erkennen eines spezifischen Krankheitsrisikos oder auch einer schon beginnenden Krankheit kann Patienten Leid ersparen und ihre Therapiechancen verbessern.

„Es ein Riesenschritt, dass wir jetzt aus den tausenden von Proteinen, die im menschlichen Blut zirkulieren und messbar sind, neue Marker für Screening und Diagnose identifizieren können”, sagt Seniorautorin Claudia Langenberg vom Berlin Institute of Health an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Der nächste Schritt sei jetzt die Überprüfung des Bluttests in größerem Maßstab und auch bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen. „Wir haben so viele vielversprechende Beispiele gefunden, dass der nächste Schritt darin besteht, Krankheiten mit hoher Priorität auszuwählen und ihre proteomische Vorhersage in einem klinischen Umfeld zu bewerten“, sagt Carrasco-Zanini. (Nature Medicine, 2024; doi: 10.1038/s41591-024-03142-z)

Quelle: Queen Mary University of London, Berlin Institute of Health in der Charité (BIH)

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