Bekommt dein Kind genügend Schlaf? Die Antwort auf diese Frage könnte künftig ein einfacher Bluttest liefern. Denn die Konzentration bestimmter Moleküle im Blut hängt bei Kindern und Jugendlichen mit der Schlafdauer zusammen, wie Forscher herausgefunden haben. Als Marker dient dabei sogenannte microRNA. Sie verrät, ob das Schlafverhalten den gängigen Empfehlungen entspricht – und könnte demnach auch Hinweise auf die Anfälligkeit für Erkrankungen geben.
Schlafmangel macht uns nicht nur müde, reizbar und unkonzentriert. Auf Dauer kann zu wenig Schlaf auch unserer Gesundheit schaden: Langfristig steigt dadurch unter anderem das Risiko für Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen, wie Studien belegen. Für Kinder ist ausreichend Schlaf dabei besonders wichtig. Sie befinden sich noch in der Entwicklungsphase und benötigen im Schnitt deutlich längere nächtliche Ruhepausen als Erwachsene.
Doch wie lässt sich überprüfen, ob ein Kind genug schläft? Wie Giuseppe Iacomino von Italiens Nationalem Forschungsrat in Avellino und seine Kollegen berichten, könnte dafür künftig ein einfacher Bluttest reichen. Demnach finden sich in dem Körpersaft eindeutige Hinweise auf die Schlafdauer.
Kurzschläfer oder Normalschläfer?
Um herauszufinden, ob sich das Schlafverhalten im Blut widerspiegelt, untersuchten die Forscher 111 Kinder und Jugendliche aus acht europäischen Ländern – darunter auch Deutschland. Die Studienteilnehmer waren allesamt im Schulalter, normalgewichtig und gesund. Sie schliefen aber nach eigenen Angaben unterschiedlich lange.
Iacomino und sein Team teilten ihre jungen Probanden daher in Kurzschläfer und Normalschläfer ein. Dabei orientierten sie sich an den wissenschaftlichen Schlafempfehlungen für Kinder. Kinder unter 13 Jahren benötigen demnach im Schnitt mindestens neun Stunden Schlaf pro Tag, Jugendliche ab 13 Jahren mindestens acht Stunden.
RNA-Moleküle im Blick
Würden sich abhängig von der Schlafdauer Unterschiede im Blut der Kinder und Jugendlichen zeigen? Für ihre Untersuchung fokussierten sich die Wissenschaftler auf die Konzentration bestimmter microRNAs im Blut – solche kurzkettigen RNA-Moleküle spielen eine wichtige Rolle für die Regulation der Genexpression und können so auch circardiane Rhythmen und Schlafmuster beeinflussen, wie das Team erklärt.
Die Auswertungen enthüllten: Tatsächlich zirkulierten bei Kurzschläfern und Normalschläfern deutlich andere Konzentrationen dieser Moleküle im Blut. Konkret stellten die Forscher dabei fest, dass Kinder mit zu wenig Schlaf geringere Mengen zweier microRNAs namens miR‐26b‐3p und miR‐485‐5p im Blut aufwiesen. Dieser Zusammenhang blieb auch dann bestehen, als das Team andere Einflussfaktoren wie das Stadium der Pubertät, das Geschlecht oder den Zeitpunkt der Probennahme herausrechnete.
Nützlicher Bluttest
„Unsere Ergebnisse belegen erstmals, dass die Schlafdauer bei Schulkindern und Jugendlichen durch bestimmte zirkulierende microRNAs im Blut reflektiert wird“, konstatiert Iacominos Kollege Fabio Lauria. „Ein einfacher Bluttest könnte Ärzten demnach zeigen, ob ein Kind im Schnitt genügend Schlaf bekommt.“
Ein solcher Test ist nach Ansicht der Forscher aussagekräftiger als die Befragung von Eltern und Nachwuchs. Die Ergebnisse könnten dann nicht nur Hinweise auf das Schlafverhalten, sondern auch die Anfälligkeit für mit Schlafmangel assoziierte Erkrankungen liefern, so ihr Fazit. (Experimental Physiology, 2020; doi: 10.1113/EP088015)
Quelle: The Physiological Society