Biologie

Buntzecken breiten sich in Deutschland aus

FSME-Risiko durch Zeckenstiche ist auch in Norddeutschland gestiegen

Dremacentor reticulatus
Die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus kommt inzwischen in ganz Deutschland vor. © Diy13/ Getty images

Erhöhtes FSME-Risiko: Die aus südlichen Gefilden stammende Auwaldzecke Dermacentor reticulatus hat sich inzwischen in ganz Deutschland ausgebreitet, wie aktuelle Erhebungen belegen. Dies erhöht das Risiko einer Infektion mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), weil auch diese Zecke die FSME-Viren in sich tragen kann. Die Risikogebiete für FSME haben sich inzwischen bis nach Norddeutschland ausgedehnt.

Mit dem Klimawandel und den immer milderen Wintern etablieren sich zunehmend auch tropische Mücken- und Zeckenarten in Deutschland – und damit potenzielle Überträger von Krankheiten. So haben eingeschleppte Zecken der Gattung Hylomma hierzulande bereits Menschen mit Fleckfieber infiziert, Buntzecken der Gattung Dermacentor können unter anderem die Hundekrankheit Babesiose, die Hasenpest Tularämie oder das auch für Menschen gefährliche Q-Fieber übertragen.

Deshalb werden die Zeckenpopulationen in Deutschland kontinuierlich überwacht – auch mithilfe von Citizen-Science-Projekten. Bereits in den letzten Jahren hatten diese ergeben, dass sich die ursprünglich aus Südosteuropa stammende Auwaldzecke Dermacentor reticulatus in Deutschland immer weiter ausbreitet.

Auwaldzecke in allen Bundesländern

Jetzt bestätigen aktuelle Ergebnisse dieser Erhebungen, dass sich die Auwaldzecke inzwischen in ganz Deutschland etabliert hat. Zusammen mit anderen Dermacentor-Zecken machte sie den Großteil der rund 8.000 im Jahr 2021 zur Untersuchung eingesendeten Zecken aus. „Die Einsendungen kamen aus allen Bundesländern. Daran sehen wir, dass sich die Auwaldzecke bundesweit ausbreitet“, berichtet Projektleiterin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim.

Ähnlich wie bei den Tropenzecken der Gattung Hyalomma begünstigen die milden Winter und warmen Sommer offenbar auch die Ausbreitung der Auwaldzecke. Die an einem bräunlichen, hell gefleckten Rückenschild erkennbare Zeckenart kommt bevorzugt in Feuchtgebieten und Laubwäldern vor und saugt vor allem das Blut von Wild- oder Haustieren. Sie kann aber auch Menschen stechen.

Mitüberträger von FSME

Zu einer Gefahr für uns Menschen wird die Auwaldzecke vor allem dann, wenn sie die viralen Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) in sich trägt. Dieses Virus kann eine schwere Hirnhautentzündung verursachen, die Kopfschmerzen, Lähmungen, Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen auslösen kann. Bei rund einem Prozent der Betroffenen endet die nicht behandelbare Krankheit tödlich. Schutz bietet jedoch eine Impfung.

Schon länger bestand der Verdacht, dass auch die Auwaldzecke FSME übertragen kann. Dies haben nun neue Analysen von bundesweit eingesammelten Zecken bestätigt. Die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion durch den Stich des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) oder der Auwaldzecke liegt in den deutschen Risikogebieten bei rund 1:50 bis 1:100, wie Mackenstedt und ihre Kollegen berichten.

FSME-Risikogebiete jetzt auch in Norddeutschland

Wichtig jedoch: Anders als früher liegen die FSME-Risikogebiet nicht mehr nur in Süddeutschland, sondern haben sich inzwischen bis nach Norddeutschland hinein ausgedehnt. „Während die Fallzahlen in Süddeutschland zurückgingen, breitet sich FSME in Norddeutschland zunehmend aus“, sagt Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Gleichzeitig kommen FSME-Fälle in Süddeutschland inzwischen auch in früher nicht betroffenen höheren Lagen vor.

„Das deutet darauf hin, dass unterschiedliche Umweltfaktoren in den beiden Regionen Einfluss auf die Verbreitung der Krankheit haben“, erklärt Dobler. So könnte das mildere Klima die Ausbreitung infizierter Zecken in Norddeutschland erleichtern, während zu hohe Sommertemperaturen im Süden die Zecken zunehmend in Höhenlagen und andere kühlere Gebiete ausweichen lassen.

Muss die Impfstrategie angepasst werden?

Die Verlagerung und Ausweitung der Risikogebiete bedeutet, dass möglicherweise auch die Impfstrategie angepasst werden muss. Bisher wurde die FSME-Impfung vor allem Menschen in süddeutschen Risikogebieten empfohlen. Inzwischen jedoch könnte eine solche Schutzimpfung auch für im Wald tätige Personen oder Erholungssuchende in Norddeutschland sinnvoll sein.

Über weitere Erkenntnisse und neue Impfstrategien werden Wissenschaftler unter anderem auf dem 6. Süddeutschen Zeckenkongress diskutieren, der vom 28. bis 30. März in Stuttgart stattfindet.

Quelle: Universität Hohenheim

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