Medizin

Corona: Grippemittel hemmt Coronavirus-Übertragung

Antiviraler Wirkstoff Molnupiravir blockiert SARS-CoV-2-Übertragung bei Frettchen

SARS-CoV-2
Das antivirale Grippemittel Molnupiravir hemmt die Vermehrung von SARS-CoV-2 und könnte auch die Übertragung schnell und effektiv unterbinden. © NIAID

Gegen die Ansteckung: Das antivirale Grippemittel Molnupiravir wird zurzeit in klinischen Studien gegen Covid-19 getestet. Jetzt legt ein Test mit Frettchen nahe, dass der Wirkstoff auch die Übertragung von SARS-CoV-2 schnell und effektiv stoppen könnte. Schon 24 Stunden nach der ersten Gabe waren im Rachen der infizierten Tiere keine Coronaviren mehr nachweisbar und auch eine Übertragung auf Artgenossen fand nicht mehr statt, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Microbiology“ berichten.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie gibt es bei den Impfstoffen zwar gleich mehrere Erfolge. Bei den Therapien für Patienten mit Covid-19 sieht es bislang aber weniger rosig aus. Der Hoffnungsträger Remdesivir und auch der Einsatz von Genesenen-Plasma scheint weniger wirksam als anfangs erhofft. Immerhin können Blutgerinnungshemmer und das Cortison-Medikament Dexamethason die Sterberate schwerkranker Covid-19-Patienten senken.

Molnupiravir
Das experimentelle Grippemittel Molnupiravir (MK-4482/EIDD-2801) ist ein sogenanntes Nukleosid-Analogon – ein Molekül, das den natürlichen RNA-Bausteinen ähnelt.© gemeinfrei/vcal, iStock.com

Antivirales Mittel mit Wirkung auch auf SARS-CoV-2

Neue Hoffnung macht nun ein Wirkstoff, der ursprünglich an der Emory University in den USA gegen die Grippe entwickelt wurde. Molnupiravir (MK-4482/EIDD-2801) hemmt die Vermehrung von Viren, indem es Mutationen in ihre RNA einbaut und sie so abtötet. In Tierversuchen stoppt das Mittel dadurch die Influenza-Infektion bei infizierten Tieren, verhindert aber auch eine Ansteckung weiterer Artgenossen.

Schon im Frühjahr 2020 legten erste Tests nahe, dass dies auch beim Coronavirus SARS-CoV-2 funktionieren könnte. Seither hat sich das Mittel in einer klinischen Studie der Phase 1 verträglich und sicher erwiesen, zurzeit läuft eine unter anderem vom Pharmakonzern Merck durchgeführte klinische Phase II/III-Studie mit Covid-19-Patienten. Während diese Studien aber in erster Linie testen, wie gut der Wirkstoff den Verlauf von Covid-19 abmildern kann, haben Robert Cox und sein Team von der Georgia State University den zweiten Wirkungsbereich näher untersucht: die Blockade der Virenübertragung.

Hilft Molnupiravir auch gegen die Ansteckung?

„Die Kontrolle der Pandemie wird von von der effektiven Unterbrechung der Infektionsketten abhängen – zumindest bis die Herdenimmunität durch Impfung oder natürlich erworbene Immunität hoch genug ist“, erklären Cox und sein Team. Bisher jedoch sei dies nur durch Social Distancing und andere soziale Maßnahmen erreichbar. Denn es fehlt ein Mittel, das die Übertragung des Virus durch Infizierte blockiert und das oral eingenommen werden kann.

Deshalb haben Cox und sein Team nun an Frettchen untersucht, wie gut Molnupiravir die Ansteckung mit SARS-CoV-2 unterbinden kann. Frettchen gelten ebenso wie Nerze als geeignete Tiermodelle für die Coronavirus-Infektion, weil sie ähnlich anfällig sind wie wir Menschen und das Virus auch auf uns übertragen können. Für ihre Studie infizierten sie Frettchen mit SARS-CoV-2 und verabreichten nach zwölf Stunden einem Teil der Tiere zweimal täglich eine orale Dosis von Molnupiravir.

Für den Test auf Übertragbarkeit setzten sie noch gesunde Frettchen in einen Käfig mit infizierten Tieren. Die Hälfte der infizierten Tiere hatte zwölf Stunden nach dem Virus auch den antiviralen Wirkstoff bekommen. In allen Versuchen analysierten die Wissenschaftler in regelmäßigen Abständen die Virenlast im Rachen der Frettchen.

Virenvermehrung und Übertragung blockiert

Es zeigte sich: „Die Therapie mit MK-4482/EIDD-2801 führte nach zwölf Stunden zu einer signifikanten Reduktion der Virenlast. 24 Stunden nach Beginn der antiviralen Behandlung waren keine infektiösen Partikel mehr in den Abstrichen nachweisbar“, berichten Cox und seine Kollegen. „Das demonstriert die Wirksamkeit der oralen therapeutischen Anwendung von Molnupiravir gegen SARS-CoV-2.“

Und auch vor einer Ansteckung scheint die Therapie zu schützen: „Die Atemwege aller mit Molnupiravir behandelten Kontakttiere blieben frei von viralem Erbgut, obwohl sie mit infizierten Tieren zusammen gehalten wurden“, berichten die Forscher. Das spreche dafür, dass die behandelten Tiere nicht infiziert wurden und auch keine niederschwellige Infektion vorlag. Die unbehandelten Kontrolltiere steckten sich dagegen alle bei ihren Mitbewohnern an.

Hoffnung auf Wirksamkeit auch beim Menschen

Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dafür, dass der antivirale Wirkstoff Molnupiravir bei Infizierten die Vermehrung von SARS-CoV-2 so effektiv hemmt, dass auch eine Übertragung auf andere nicht mehr stattfindet. Noch sei zwar nicht bewiesen, dass dies auch beim Menschen so effektiv funktioniere, aber Tests auch mit anderen Wirtstieren im Rahmen der Influenzaforschung legen zumindest nahe, dass das Mittel wirtsübergreifend wirke, so die Forscher.

„Wenn die Frettchen-basierten Daten zur Hemmung der SARS-CoV-2-Übertragung sich auch beim Menschen bestätigen, dann könnten Patienten mit Covid-19 schon 24 bis 48 Stunden nach Beginn der oralen Einnahme von Molnupiravir nicht-infektiös werden“, schreiben Cox und sein Team. Eine solche Wirkung wäre sowohl für die sichere Behandlung der Patienten in Krankenhäusern als auch für die Unterbrechung von Infektionsketten von großer Bedeutung.

„Dieser Wirkstoff könnte auf dreifache Weise Vorteile bringen: Er könnte schwere Verläufe von Covid-19 verhindern und eine Genesung beschleunigen, lokale Ausbrüche schnell stoppen und noch dazu die soziale und emotionale Belastung durch Quarantäne und Isolation verringern“, konstatieren die Forscher. Ob sich diese Hoffnungen erfüllen, müssen aber erst noch klinische Studien mit Menschen zeigen. (Nature Microbiology, 2020; doi: 10.1038/s41564-020-00835-2)

Quelle: Nature Microbiology

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