Es mehren sich die Hinweise darauf, dass das Coronavirus eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Hautsymptome hervorrufen kann. Neben frostbeulenartigen Hautveränderungen an den Zehen können masernartige rote Flecken, Quaddeln und Bläschen wie bei den Windpocken oder einer Allergie auftreten oder auch tiefrote Punkte. Auch ansonsten asymptomatische Menschen mit einer SARS-CoV-2-Infektion können solche Hautsymptome zeigen.
Das Virus SARS-CoV-2 erweist sich immer mehr als Chamäleon, das sich hinter einer Vielzahl unterschiedlichster Symptome verstecken kann. Während anfangs eine Lungenentzündung als typische Folge von Covid-19 galt, weiß man inzwischen, dass das Coronavirus auch fast alle anderen Organe befallen kann – vom Herzen über Blutgefäße und das Blut bis hin zu Darm, Nieren, Nerven und Gehirn. Bei Kindern kann das Virus in seltenen Fällen auch einen entzündlichen Schock verursachen.
„Covid-Zehen“: Häufig bei Kindern und asymptomatischen Patienten
Doch auch die Haut bleibt offenbar nicht unbeteiligt. Schon im April 2020 berichteten Mediziner, dass einige Patienten Hautveränderungen an den Fußzehen aufweisen. Die Betroffenen entwickeln Rötungen, Blasen und andere Symptome, die an Frostbeulen erinnern. Sie sind oft mit Jucken und Schmerzen verbunden. Diese sogenannten „Covid-Zehen“ sind ungewöhnlich, weil diese Art der Hautveränderungen bei anderen Viruserkrankungen extrem selten sind.
Forscher um Claudio Guarneri von der Universität Messina beschreiben drei solcher Fälle von „Covid-Zehen“ bei Kindern, deren Infektion mit SARS-CoV-2 ansonsten nahezu symptomfrei verlief. Auch spanische Forscher, die 375 Covid-Patienten mit Hautveränderungen untersucht hatten, sehen diese
Frostbeulen-artigen Symptome als eher typisch für junge Patienten mit milden oder asymptomatischen Verläufen. Einige Mediziner vermuten deshalb, dass diese Hautveränderungen eher auf die starke Immunreaktion der Betroffenen zurückgehen als auf das Virus selbst.
„Kinder und Jugendliche mit Frostbeulen-artigen Läsionen, die sonst asymptomatisch sind, sollten unbedingt auf das Virus getestet werden – das könnte helfen, stille Überträger zu identifizieren“, sagen Guarneri und sein Team.
Rote Flecken und juckende Pusteln
Noch häufiger könnte ein roter Hautausschlag ähnlich wie bei Masern auftreten. In einer Gruppe von 18 Covid-Patienten in Italien zeigten sich diese morbilliformen Hautveränderungen bei 14 der 18 Patienten. – das ist ein Anteil von rund 70 Prozent. Auch in Spanien wurden solche Rötungen häufiger beobachtet. Da sie als Begleiterscheinung bei verschiedenen Viruserkrankungen auftreten können, sind sie wenig spezifisch für SARS-CoV-2, sollten aber dennoch überprüft werden.
Ein weiterer Typ von häufigen Hautveränderungen sind juckende Quaddeln und Pusteln, wie sie bei Allergien oder den Windpocken vorkommen. Meist bilden sich diese Stellen am Rumpf, sie können aber auch über den ganzen Körper verteilt auftreten. In der spanischen Studie wurden sie bei 19 Prozent der 375 untersuchten Fälle beobachtet. In Italien gehörten die juckenden Pusteln zu den am häufigsten beschriebenen Hautsymptomen bei Covid-19.
Vor allem die Windpocken-artigen Pusteln können offenbar schon vor Beginn anderer Covid-19- Symptome auftreten. „Das weckt die Möglichkeit, dass solche Hautauschläge Frühzeichen von Covid-19 sein könnten“, schreiben die Dermatologen Sarah Young und Anthony Fernandez von der Cleveland Clinic. Ob diese Ausschläge vom Virus selbst verursacht werden oder durch die Immunreaktion, ist bisher unklar.
Verfärbungen als Folge gestörter Durchblutung
Eher bei schweren Verläufen und bei älteren Patienten kann Covid-19 von einer weiteren Hautveränderung begleitet sein. Diese sogenannte Livedo reticularis zeigt sich als bläulich-rote Verfärbung der Haut, die manchmal ein netzartiges Muster oder aber fleckige Stellen bildet. Sie ist normalerweise ein Zeichen für eine gestörte Hautdurchblutung. Mediziner vermuten daher, dass dieses Symptom durch die vom Coronavirus verursachten Blutgerinnsel und Gefäßschäden verursacht wird.
„Wir haben über die Hautmanifestationen dieser Krankheit noch enorm viel zu lernen“, konstatieren Young und Fernandez. „Im Moment gibt es dazu mehr Fragen als Antworten.“ So ist unklar, wie hoch der Anteil solcher Hautsymptome nun tatsächlich ist. In Italien lag er bei gut 20 Prozent, in China wurden Hautveränderungen dagegen nur bei 1,8 Prozent der Fälle beobachtet. Nicht eindeutig geklärt ist auch, ob es spezifische Hautveränderungen gibt, die möglicherweise einen schweren Verlauf ankündigen können.
Hautsymptome als Früherkennung?
Und auch die Frage, ob sich beispielsweise die „Covid-Zehen“ zur Früherkennung einer asymptomatischen Infektion eignen, müsse weiter untersucht werden. „Wenn es Hautmanifestationen gibt, die charakteristisch für SARS-CoV-2 sind, dann könnten diese dort zur Erkennung Infizierter genutzt werden, wo es keine Testmöglichkeiten gibt“, sagen Young und Fernandez. (The Lancet, 2020; doi: 10.1016/S1473-3099(20)30402-3; Cleveland Clinic Journal of Medicine, 2020; doi: 10.3949/ccjm.87a.ccc031; British Journal of Dermatology, 2020; doi: 10.1111/bjd.19163)
Quelle: Lancet, Cleveland Clinic Journal of Medicine, British Journal of Dermatology