USA: Corona-Ausbruch unter Geimpften
Der Anlass für diese Warnung ist ein Corona-Ausbruch im US-Bundesstaat Massachusetts. Dort kam es nach mehreren Sommerfesten in einem Landkreis zu einer auffällig erhöhten Zahl von Covid-19-Fällen. Die Inzidenz schnellte innerhalb von 14-Tagen von Null auf mehr als 177 hoch, insgesamt wurden bis 26. Juli 469 Fälle gemeldet. Die meisten Betroffene hatten kurz zuvor an einer der Veranstaltungen teilgenommen oder sich in dicht gedrängten Bars und Restaurants aufgehalten.
Das Bedenkliche jedoch: Von den 469 Infizierten waren 346 Personen vollständig geimpft – sie hatten bereits Wochen zuvor ihre zweite Dosis der mRNA-Impfstoffe BioNTech/Pfizer oder Moderna erhalten, wie das CDC berichtet. Damit handelte es sich bei 74 Prozent der Fälle in diesem Ausbruch um sogenannte Durchbruchs-Infektionen – Infektionen trotz bestehendem Impfschutz. Ein Großteil dieser Fälle ging auf die Deltavariante von SARS-CoV-2 zurück.
Schutz vor schweren Verläufen, aber hohe Viruslast
Immerhin legen die Daten nahe, dass die Impfstoffe weiterhin vor schweren Verläufen schützen: Zwar entwickelten 79 Prozent der infizierten Geimpften in Massachusetts Covid-19-Symptome wie Husten, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Erschöpfung und Fieber. Aber nur vier Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden, keiner von ihnen starb. Allerdings lag das Durchschnittsalter der Betroffenen bei 42 Jahren, hochaltrige Personen waren kaum darunter.
Weniger positiv ist zudem das Ergebnis vergleichender PCR-Tests: Bei diesen zeigte sich, dass die geimpften Infizierten eine ähnlich hohe Viruslast aufwiesen wie die ungeimpften oder erst teilgeimpften Patienten. Das spreche dafür, dass geimpfte Personen nach einer Infektion mit der Deltavariante ähnlich ansteckend für ihre Umgebung sein könnten wie ungeimpfte, so das CDC.
Insgesamt legen diese Ergebnisse nahe, dass die mRNA-Impfstoffe auch bei der Deltavariante vor schweren Verläufen schützen – zumindest bei Menschen ohne schwere Vorerkrankungen oder in hohem Alter. Aber eine Ansteckung oder Weitergabe dieses Virustyps verhindern sie weniger effektiv.
Erhöhtes Risiko bei niedrigen Antikörper-Titern
Damit unterscheidet sich die Deltavariante von früheren Formen von SARS-CoV-2 wie der Alphavariante. Bei dieser waren die Viruslasten bei Geimpften deutlich niedriger als bei ungeimpften und auch Durchbruchs-Infektionen traten weniger oft auf. So ermittelte eine Studie bei Pflegekräften in einem israelischen Krankenhaus im Frühjahr 2021 nur 2,6 Prozent Durchbruchs-Infektionen: Von den 1.497 vollständig geimpften Studienteilnehmern infizierten sich 39 Personen, die meisten davon mit einem asymptomatischen oder milden Verlauf.
Schon bei dieser Studie wurde allerdings klar, dass sich vor allem geimpfte Personen mit relativ niedrigen Antikörper-Werten ansteckten. „Die Titer der neutralisierenden Antikörper waren bei den infizierten Geimpften niedriger als bei den nicht-infizierten“, berichten Moriah Bergwerk von der Universität Tel Aviv und seine Kollegen. Bei denjenigen, die sich ansteckten, waren höhere Antikörper-Titer vor der Infektion mit niedrigeren Viruslasten danach verknüpft.
Dritte Dosis und zusätzliche Schutzmaßahmen
Wegen der starken Zunahme der Deltavariante in Israel und diesen Antikörper-Befunden hat die israelische Regierung entschieden, jetzt allen Über-60-Jährigen eine dritte Corona-Impfung anzubieten. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass die Immunreaktion gerade bei Älteren schwächer ausfällt und die Antikörper-Titer schneller wieder absinken.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es eine Abschwächung der Immunität mit der Zeit gibt. Das Ziel der zusätzlichen Dosis ist es, den Immunschutz wieder aufzubauen und damit das Risiko einer Infektion und schwerer Verläufe signifikant zu verringern“, erklärte Israels Premierminister Naftali Bennett dazu in einer Pressekonferenz.
In den USA empfiehlt das CDC auch allen Geimpften, die Schutzmaßnahmen gegen Corona weiterhin einzuhalten. „Veranstaltungs-Organisatoren und lokale Gesundheitsämter sollten sich darauf einstellen, dass trotz Impfungen zusätzliche Schutzmaßnahmen nötig bleiben“, konstatieren Catherine Brown von der Gesundheitsbehörde von Massachusetts und ihre Kollegen. Dazu könne neben dem Maskentragen auch eine Beschränkung der Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen gehören. (Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR), 30.07.2021; New England Journal of Medicine, 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2109072)
Quelle: Centers for Disease Control (CDC), University of Minnesota, Times of Israel
3. August 2021
- Nadja Podbregar