Flexibel und geschützt: Forscher haben neue, unerwartete Einblicke in die Struktur des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 gewonnen – dem Protein, mit dem das Coronavirus an unsere Zellen andockt. Demnach besitzt der Stiel dieser „Krönchen“ drei Gelenke, die den Proteinkopf mit der Bindungsstelle ungewöhnlich beweglich machen. Zudem sind Stiel und Teile des Proteinkopfes von einer dickeren Schutzhülle aus Zuckern bedeckt als angenommen – das ist für die Impfstoffentwicklung wichtig.

Die stachelartig vorstehenden Spike-Proteine des Coronavirus SARS-CoV-2 sind nicht nur äußerlich sein hervorstechendstes Merkmal – sie spielen auch für die Infektion und Abwehr dieses Virus eine entscheidende Rolle. Denn am knubbeligen Kopf dieses Proteins liegt die Bindungsstelle, mit der das Virus an den ACE2-Rezeptor auf unseren Zellen andockt und in sie eindringt. Gleichzeitig dient diese Struktur unseren Antikörpern als Erkennungsmerkmal bei der Bekämpfung und wird deshalb auch von Impfstoffen genutzt.
Struktur des Spike-Proteins in situ
Umso wichtiger ist es, die Struktur des Spike-Proteins möglichst genau zu kennen. Zwar gab es schon atomgenaue Strukturmodelle des isolierten Proteins, die genaue Konfiguration dieses Proteins in seiner natürlichen Position war aber bislang nur in Teilen bekannt. Jetzt ist es Forschern um Beata Turonova vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg erstmals gelungen, die molekulare Struktur des Spike-Proteins an intakten Viren und mit nahezu atomarer Auflösung zu analysieren.
Für ihre Studie nutzten die Forscher zunächst die Kryo-Elektronenmikroskopie, um hochaufgelöste Momentaufnahmen von 1.000 gefriergetrockneten Viren mitsamt ihrer Proteine zu erstellen. Diese Kryotomogramme zeigten bereits einzelne Protein-Untereinheiten der im Schnitt rund 40 Spike-Proteine pro Virus. Eine computergestützte Verarbeitung der Tomogramme erlaubte es dann, Kopf und Stiel der Spike-Proteine fast atomgenau zu kartieren.