Von wegen typisch männlich oder typisch weiblich: Unsere Gehirne sind weniger geschlechtstypisch als bisher angenommen, wie ein erster Vergleich des gesamten Gehirns aufzeigt. Demnach sind einige Strukturmerkmale zwar bei jeweils einem Geschlecht häufiger, die Überlappungen sind aber enorm. Nahezu jeder Mann hat auch typisch weibliche Hirnmerkmale und jede Frau männliche. Jedes Gehirn ist daher ein einzigartiges Mosaik aus männlichen und weiblichen Eigenschaften, berichten Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Typisch Mann, typisch Frau: Indizien für geschlechtsspezifische Unterschiede in Verhalten und Biologie gibt es inzwischen einige. So scheinen Frauen negative Gefühle stärker zu empfinden als Männer und ihr Gehirn ist stärker durchblutet, dafür sind diese narzissstischer. andere Differenzen sind dagegen kulturell bedingt oder schlicht ein vereinfachendes Klischee.
Gibt es DAS männliche oder weibliche Gehirn?
„Die dokumentierten Geschlechtsunterschiede werden oft als Beleg dafür herangezogen, dass es zwei verschiedene Kategorien menschlicher Gehirn gibt – das weibliche und das männliche Gehirn“, erklären Daphna Joel von der Universität Tel Aviv und ihre Kollegen. „Doch wenn es einen solchen Dimorphismus gäbe, dann dürfte es kaum Überlappungen zwischen beiden Formen geben und die Gehirne müssten in sich konsistent sein – also nur männliche oder nur weibliche Merkmale besitzen.“
Ob es diese deutliche Abgrenzung von männlichem und weiblichem Gehirn gibt, haben die Forscher nun erstmals konkret überprüft. Für ihre Studie analysierten sie die mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) erstellten Aufnahmen von 1.400 menschlichen Gehirnen. Sie verglichen dabei Merkmale wie das Volumen der grauen und weißen Materie, die Zahl der Verbindungen zwischen Hirnarealen und die Dicke der Hirnrinde in verschiedenen Regionen.