Medizin

Diabetesrisiko: Schon wenig bringt viel

Durch moderate Änderungen des Lebensstils können Prädiabetiker eine Erkrankung vermeiden

Übergewicht
Schon vergleichsweise moderate und praktisch umsetzbare Änderungen des Lebensstils können vor Diabetes schützen. © Tatiana/ iStock.com

Selbst vergleichsweise kleine Veränderungen des Lebensstils und der Ernährung können das Risiko für Diabetes Typ 2 halbieren, wie eine Langzeitstudie nahelegt. In ihr verringerten schon ein Gewichtsverlust von rund drei Kilogramm und gemäßigter Sport das Erkrankungsrisiko bei Prädiabetikern um 40 bis 47 Prozent. Dies belege, dass es selbst bei Vorstufen von Diabetes nicht zu spät sei, seinen Lebensstil zu ändern, so die Forscher.

Weltweit leiden etwa 300 Millionen Menschen an Diabetes mellitus Typ 2 – Tendenz steigend. Bei dieser Form der Zuckerkrankheit kann das Hormon Insulin nicht mehr genügend Wirkung entfalten, um Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren. Das kann zu einer Überzuckerung des Körpers führen. Ursachen für die Erkrankung sind neben einer genetischen Veranlagung sowie der Körpergröße, vor allem Übergewicht, Bewegungsmangel und eine falsche Ernährung.

Alltagstaugliche Intervention im Test

Ob ein Gewichtsverlust und Sport wirklich ausreichen, um das Krankheitsrisiko bei von Diabetes gefährdeten Menschen zu senken, hat ein Forscherteam um Michael Sampson von der University of East Anglia untersucht. Dafür werteten die Wissenschaftler die Daten einer Langzeitstudie mit Diabetes-Risikopatienten in Ostengland aus. Von diesen gut 1.000 Prädiabetikern folgte eine Gruppe mehrere Jahre lang einem speziellen, von Trainern unterstürzten Sportplan und erhielt eine Ernährungsberatung, andere erhielten nur die Beratung und Tipps für die Umstellung ihrer Lebensweise.

Ziel dieser Interventionen war es in allen Fällen, eine kleine, im Alltag realistisch erreichbare Verbesserung des Lebensstils zu erzielen – ohne zu großen Zeitaufwand oder eine radikale Umstellung des Lebens. Sampson und sein Team verglichen anschließend, wie sich der Gesundheitszustand und das Diabetesrisiko dieser Teilnehmer im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne weitere Beratung oder Behandlung entwickelte.

Risiko von Prädiabetikern um 40 Prozent gesenkt

Das Ergebnis: Die beratende Unterstützung hatte in beiden Behandlungsgruppen einen positiven Effekt: Die Teilnehmer hatten im Schnitt rund drei Kilogramm Gewicht verloren und auch ihr Diabetesrisiko war messbar gesunken: Nur rund 14 Prozent von ihnen erkrankten im Laufe der Studie an der Zuckerkrankheit, bei der Kontrollgruppe ohne Behandlung waren es 22,8 Prozent.

Im Schnitt war das Diabetesrisiko der Interventionsgruppen um 40 bis 47 Prozent gesunken, wie die Forscher berichten. „Wir sind begeistert von diesen Ergebnissen, den bislang war niemand sicher, ob auch einfach realisierbare Lebensstil-Programme reichen, um das Risiko von Prädiabetikern zu verringern“, sagt Sampson. „Jetzt haben wir einen signifikanten Effekt bei der Diabetes-Typ-2-Vorbeugung gezeigt.“

Schon kleine Veränderungen bewirken viel

Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert diese Studie , dass auch eine vergleichsweise geringe Gewichtsabnahme und Änderung des Lebensstils eine erhebliche Wirkung auf die Gesundheit und im Speziellen das Diabetesrisiko haben können. „Wir können sehr optimistisch sein, dass selbst eine bescheidene Gewichtsabnahme und eine Steigerung der körperlichen Aktivität in Programmen wie diesem in der Praxis einen großen Einfluss auf das Risiko haben, an Typ-2-Diabetes zu erkranken“, so Sampson.

„Wer mit Prädiabetes diagnostiziert wurde, dem bietet dieser Ansatz damit eine Möglichkeit, eine andere Richtung im Leben einzuschlagen – weg vom Weg zum Typ-2-Diabetes und hin zu einer gesünderen Zukunft“, ergänzt Koautor Colin Greaves von der University of Birmingham.

Eine Chance für viele

Gleichzeitig bestätigt das Resultat auch, dass Präventionsprogramme von Krankenkassen oder dem Staat hilfreich sein können und die Kosten durchaus wettmachen: „Die Therapie der Norfolk Diabetes Prevention Study ist eine unglaublich positive Nachricht für den Einzelnen und die Gesundheitssysteme und unterstreicht die Bedeutung der Einführung nationaler Diabetes-Präventionsprogramme“, erklärt Koautorin Jane Smith von der University of Exeter.

Der Vorteil: Laut der Forscher ist die Behandlungsmethode für viele Risikopatienten weltweit umsetzbar und zugänglich. „Die Studie wurde in Gruppen durchgeführt, was weitaus kostengünstiger war als individuell ausgerichtete Behandlungen“, erklärt Sampsons Kollege Max Bachmann. Die Behandlung pro Teilnehmer kostete mit etwa 130 Euro vergleichsweise wenig. (JAMA Internal Medicine, 2020, doi: 10.1001/jamainternmed.2020.5938)

Quelle: University of East Anglia

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