Hund als Forschungshelfer: Das Lieblingshaustier des Menschen lebt unter den gleichen Bedingungen wie seine Besitzer, aber altert ungefähr siebenmal schneller. Somit bieten die Hunde eine einzigartige Möglichkeit, Voraussetzungen für eine gesunde Lebenserwartung zu identifizieren. Eine groß angelegte Langzeitstudie will daher genetische und umweltbedingte Faktoren, die das Altern der Vierbeiner beeinflussen, genauer untersuchen.
Das Wissen über biologisches Altern basiert bisher auf evolutionär konservierten Altersmechanismen, die Wissenschaftler an Modellorganismen wie Hefe, Fliegen und Mäusen erforschten. Doch die Alterungsprozesse werden auch von Genen, Umweltbedingungen und Lebensweisen beeinflusst, die zum Teil nicht einfach im Labor nachgestellt werden können. Das 2018 initiierte Dog Aging Project will nun in den nächsten Jahren dieses Wissen mithilfe eines unserer engsten tierischen Begleiter erweitern – dem Hund.
„Die wissenschaftlichen Ziele dieser Studie sind es, Faktoren, die das Altern von Hunden beeinflussen, und ihre zugrundeliegenden Mechanismen zu identifizieren sowie potenzielle Wege zu testen, die ein gesundes Leben der Hunde verlängern können.“, fasst das Forschungsteam um Kate Creevy von der Texas A&M University zusammen. Die Details des Projekts und die potentiellen Möglichkeiten für Veterinär- und Humanmedizin stellen die Forschenden im Fachmagazin „Nature“ vor.
Hunde als Helfer der Alternsforschung
Der erste Schritt des Projekts beinhaltet die Rekrutierung der Hunde. Über soziale Medien stellt das Team dafür die Idee ihres Vorhabens vor. Über digitale Formulare können Hundebesitzer ihre Hunde anmelden und medizinische Informationen hochladen, anhand derer das Forschungsteam das biologische Alter der Hunde bestimmen kann. Wie weit die biologische Alterung eines Hundes fortgeschritten ist, wird anhand der Anfälligkeit für Krankheiten, der Gebrechlichkeit und chronischen Entzündungsreaktionen identifiziert.
Auf Basis dieser Daten werden die Hunde in Kohorten eingeteilt, in denen die Forschenden dann jeweils verschiedene Alterungsaspekte untersuchen. In einem besonderen Fokus wird das Forschungsteam Hunde, die schon über die durchschnittliche Lebenserwartung ihrer Hunderasse hinaus leben, genauer untersuchen. Sie wollen dabei Merkmale finden, die von all diesen Hunden geteilt werden und somit zu ihrer Langlebigkeit beitragen könnten.
Mikrobiom und Metabolismus
Von welchen biologischen Merkmalen die Lebensdauer und das gesunde Altern der Hunde abhängen, sollen dann verschiedene, je nach Alter und Fragestellung unterschiedliche Bioproben der Tiere verraten. Die mit Speichelproben gewonnene DNA von mindestens 10.000 Hunden soll beispielsweise für eine Genom-Sequenzierung genutzt werden, um die Genetik von altersbedingten Merkmale zu untersuchen.
Aber auch Stuhl- und Blutproben beinhalten Informationen über den Alterungsprozess, der etwa vom Stoffwechsel, dem Epigenom und dem Mikrobiom beeinflusst wird. Damit kann das Forschungsteam auch Aussagen über die Einflüsse von äußeren Faktoren der Umwelt und der Lebensweise auf das Altern treffen. In einer weiteren Kohorte wird die Wirkung von Rapamycin untersucht, das den Hunden ein Jahr lang in geringen Dosen verabreicht wird. Dieses Medikament wird oft zur Unterdrückung der Immunabwehr nach Organtransplantationen eingesetzt und zeigte schon zuvor eine Verlängerung der Lebenspanne bei Mäusen.
Rückschlüsse auf menschliches Altern möglich
Bisher sind über 32.000 Hunde, die alle verschiedene Arten, Alter, Geschlecht und Größe repräsentieren, zu der Studie angemeldet und es werden immer noch weitere rekrutiert. „Je größer die Diversität, desto mehr Möglichkeiten gibt es, die Altersfaktoren von Krankheiten zu charakterisieren, Biomarker zu identifizieren und genetische und umweltbedingte Risikofaktoren von Krankheitsverläufen zu entdecken“, erklären Creevy und ihre Kollegen.
Die Forschenden hoffen, mit den gesammelten Daten auch Rückschlüsse auf die Alterungsprozesse von Menschen ziehen zu können. „Fast alle altersbedingten Krankheiten des Menschen treten bei Hunden ebenfalls auf, die tierärztliche Betreuung entspricht häufig auch dem menschlichen Gesundheitswesen und unsere Hunde teilen die Umgebung in der wir leben.“, erklären Creevy und ihr Team. Dies zukünftigen Ergebnisse der Studie können also auch für die Humanmedizin von Vorteil sein. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-021-04282-9)
Quelle: Princeton University