Medizin

Droht eine Parkinson-Epidemie?

Zahl der Parkinson-Patienten könnte bis 2040 auf über 17 Millionen steigen

Parkinson
Prgnostizierte Entwicklung der Parkinson-Zahlen bis 2040 © Department of Neurology and Center for Health and Technology/ University of Rochester Medical Center

Besorgniserregende Prognose: Im Jahr 2040 könnten über 17 Millionen Menschen weltweit an Parkinson leiden – und damit fast dreimal so viele wie heute. Neben der alternden Weltbevölkerung sind auch Umweltfaktoren wie die zunehmende Belastung mit Pestiziden schuld an dieser Entwicklung, wie Forscher berichten. Sie sprechen angesichts der steigenden Zahlen von einer drohenden Parkinson-Pandemie.

Zittrige Hände, steife Muskeln und verlangsamte Bewegungen: Das sind die typischen Symptome von Parkinson – der inzwischen zweithäufigsten neurodegenerativen Erkrankung nach Alzheimer. Seitdem der englische Arzt James Parkinson das Leiden vor rund 200 Jahren zum ersten Mal beschrieb, ist die Zahl der Betroffenen kontinuierlich gestiegen. Allein zwischen 1990 und 2015 verdoppelte sich die Zahl der Parkinson-Patienten. Heute sind weltweit über sechs Millionen Menschen von dem Niedergang Dopamin-produzierender Nervenzellen im Gehirn betroffen.

Blick in die Zukunft

Wie werden sich diese Zahlen in Zukunft entwickelt? Dieser Frage sind nun Wissenschaftler um Ray Dorsey von der University of Rochester nachgegangen – und zu einem besorgniserregenden Ergebnis gekommen. Für die Prognose betrachtete das Forscherteam Einflussgrößen wie die demografische Entwicklung, aber auch die Rolle von Umweltfaktoren, die das Auftreten der Erkrankung begünstigen können.

Die Auswertungen zeigten: Da Parkinson typischerweise im Alter auftritt, wird die Erkrankung durch das Altern der Weltbevölkerung deutlich häufiger werden. Im Jahr 2040 könnten allein bedingt durch diesen Faktor demnach bereits zwölf Millionen Menschen an Parkinson leiden. Doch das ist noch nicht alles: Weitere Einflussgrößen werden die Zahlen womöglich sogar auf über 17 Millionen steigen lassen, wie Dorsey und seine Kollegen berichten. Zu diesen Faktoren zählt unter anderem die zunehmende Industrialisierung. Denn Mediziner gehen davon aus, dass bestimmte Schwermetalle, Lösungsmittel und Pestizide bei der Entstehung der Erkrankung mitmischen.

„Eine echte Pandemie“

„Wir können hier über eine echte Pandemie sprechen, die zu menschlichem Leid und enormen gesellschaftlichen und medizinischen Kosten führen wird“, kommentiert Patrik Brundin vom Van Andel Research Institute in Grand Rapids im Fachmagazin „Journal of Parkinson’s Disease“ diese Zahlen.

Tatsächlich vergleichen auch die Studienautoren selbst die drohende Entwicklung mit einer großen Epidemie: „Parkinson ist zwar nicht infektiös, hat aber viele andere Merkmale einer Pandemie“, schreiben sie. So beträfen Pandemien große geografische Gebiete und Parkinson werde in fast allen Regionen der Welt häufiger. Zudem neigten Pandemien dazu, sich auszubreiten und zu wandern – auch die „Parkinson-Hotspots“ der Erde verschöben sich allmählich durch demografische und industrielle Veränderungen. „Studien zufolge verschiebt sich die Last vom Westen in den Osten, insbesondere nach China“, schreiben die Forscher.

Schnelles Handeln ist gefragt

Eine weitere Gemeinsamkeit: Wie bei vielen anderen Pandemien, ist niemand immun gegen die Erkrankung, wie das Team betont. Was also tun? Um eine Parkinson-Epidemie noch abzuwenden, ist Dorsey und seinen Kollegen zufolge nun schnelles Handeln gefragt. Sie fordern zum einen, sich über Versorgungsstrukturen und Präventionsmaßnahmen Gedanken zu machen. Zum anderen plädieren sie für intensive Forschungsbemühungen, um den Ursachen der Erkrankung auf die Spur zu kommen und neue, effektivere Therapien zu entwickeln. Denn die bis dato wirkungsvollste Behandlungsmethode – die Einnahme des Medikaments Levodopa – ist schon 50 Jahre alt und der wahre Grund für den Hirnschwund noch immer unbekannt.

„Wir hoffen, dass unser Artikel für eine der größten Gesundheitsherausforderungen unserer Zeit sensibilisiert und zu den nötigen Reaktionen innerhalb der Gesellschaft führt“, schließt Mitautor Bastiaan Bloem von der Radboud-Universität Nijmegen in den Niederlanden. (Journal of Parkinson’s Disease, 2019; doi: 10.3233/JPD-181474)

Quelle: IOS Press

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