Spezifisches Muster: Forschende haben erstmals einen objektiven Biomarker für chronische Schmerzen gefunden – sie konnten ihren Patienten die Schmerzen direkt am Gehirn ablesen. Demnach verrät die Aktivität des im Stirnhirn liegenden orbitofrontalen Cortex, ob ein Mensch chronische Schmerzen hat und wie stark sie sind, wie das Team in „Nature Neuroscience“ berichtet. Auch Unterschiede zur Reaktion auf akuten Schmerz zeigten die Messungen auf. Dies eröffnet Chancen einer gezielteren Diagnose und Therapie.
Ob Rückenschmerzen, Neuropathie oder der Phantomschmerz nach einer Amputation: Millionen Menschen weltweit leiden unter chronischen Schmerzen. Diese bleiben oft auch dann bestehen, wenn der ursprüngliche Auslöser kuriert ist. Grund dafür ist das Schmerzgedächtnis: Das anfängliche Bombardement mit Schmerzreizen hat anhaltende Veränderungen im Zellstoffwechsel, der Signalleitung und der Nervenaktivität in Rückenmark und Gehirn verursacht – der Schmerz hat sich dadurch verselbständigt.
„Schmerz ist eine der grundlegendsten Erfahrungen, die ein Organismus haben kann“, sagt Erstautor Prasad Shirvalkar von der University of California in San Francisco. „Trotzdem gibt es noch vieles, das wir über den Schmerz und seine Mechanismen nicht verstehen.“ Dies liegt auch am Fehlen einer objektiven Messmethode für chronische Schmerzen: Mediziner sind auf die Befragung und Selbsteinschätzung der Patienten angewiesen. Auch wo im Gehirn sich chronischer Schmerz manifestiert, ist erst in Ansätzen bekannt

Blick ins Schmerzgehirn
Um mehr herauszufinden, haben Shirvalkar und seine Kollegen die Hirnaktivität von vier Patienten mit chronischen Schmerzen auf neue Weise untersucht. Dafür implantierten sie den Schmerzpatienten feine Elektroden unter die Schädeldecke des Stirnbereichs. Die Elektroden waren so platziert, dass sie die Hirnaktivität in zwei Arealen des präfrontalen Cortex aufzeichneten, dem anterioren cingulären Cortex (ACC) und dem orbitofrontalen Cortex (OFC).